Kapitel 4: Die Entrückung
NEUES HANDBUCH DER BIBLISCHEN PROPHETIE • Sermon • Submitted
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· 109 viewsWenn die Offenbarung prophetische Aussagen über die Endzeit enthält, wo erscheint dann die Entrückung?
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Die Entrückung
Die Entrückung
In Offenbarung 4, 1 steht:
„1 Danach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel, und die erste Stimme, die ich mit mir hatte reden hören wie eine Posaune, die sprach: Steig herauf, ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll.“
Stellen wir zunächst eine kurze Überlegung an den Anfang: wenn die Offenbarung prophetische Aussagen über die Endzeit enthält, wo erscheint dann die Entrückung?
Vielleicht wird der ein oder andere einwenden wollen, dass die Worte in Offenbarung 4, 1 ein Hinweis auf die Entrückung seien und Johannes hier gleichsam bildhaft für die Gemeinde entrückt werde, während die nachfolgenden Begebenheiten und Gerichte, die die Offenbarung beschreibt, erst nach der Entrückung der Gemeinde geschähen.
Diese Auslegung ist aber unbefriedigend, denn damit bleibt die Anfangsfrage unbeantwortet: wenn die Offenbarung so ausführlich wie kein anderes Buch der Bibel von den letzten Dingen handelt, warum ist dann nicht ausführlicher von der Entrückung, der Hinaufversammlung der Gemeinde Jesu Christi, der „episynagoge“ die Rede? Schließlich geht es dabei um die Vervollständigung des Leibes Christi und das bedeutet, dass der Ratschluss, den Gott schon vor Grundlegung der Welt mit der neutestamentlichen Gemeinde gehabt hat, zum Abschluss gebracht und geoffenbart wird. Sollte ein solch wichtiger Augenblick in der Offenbarung vollkommen übergangen werden bzw. nur in einem Nebensatz in Kapitel 4, 1b angedeutet sein? Das klingt unwahrscheinlich. Eine so fundamentale und große Sache wie die Entrückung steht nicht irgendwo zwischen den Zeilen.
1.1 Der Text
1.1 Der Text
Versuchen wir, auch hier den Text genau zu analysieren und etwas Struktur in die Sache zu bringen. Folgende Fragen interessieren uns: Wo in der Offenbarung finden wir etwas der Entrückung Vergleichbares, wer wird entrückt und unter welchen Umständen?
Antwort: Es gibt in der Offenbarung insgesamt drei Bibelstellen, die von einer sogenannten Entrückung handeln: da ist zunächst der bereits erwähnte Ruf an Johannes in Kapitel 4, dann Offenbarung 11 und schließlich Offb. 12. Schauen wir uns die Stellen der Reihe nach an.
1.1.1 Offenbarung 4, 1
1.1.1 Offenbarung 4, 1
„1 Danach sah ich, und siehe, eine Tür war aufgetan im Himmel, und die erste Stimme, die ich mit mir hatte reden hören wie eine Posaune, die sprach: Steig herauf, ich will dir zeigen, was nach diesem geschehen soll. 2 Alsbald wurde ich vom Geist ergriffen. Und siehe, ein Thron stand im Himmel und auf dem Thron saß einer. 3 Und der da saß, war anzusehen wie der Stein Jaspis und Sarder; und ein Regenbogen war um den Thron, anzusehen wie ein Smaragd.“
Meiner Überzeugung nach bedeutet der Aufruf an Johannes lediglich, dass Gott Johannes in die oberen Welten versetzt, damit dieser von dort seine Offenbarung empfangen konnte. Mit der Entrückung der Gemeinde, wie Paulus sie beschreibt, hat dies meines Erachtens aber nichts zu tun. Ich ordne diese Art der Interpretation eher als eine Art Verlegenheits–Auslegung ein, da viele Ausleger Aussagen zur Entrückung in der Offenbarung zwar vermisst haben, aber bislang die gedankliche Brücke z. B. zu den zwei Zeugen nicht schlagen konnten.
Außerdem sind die meisten Ausleger Vertreter einer Theologie, die die Entrückung zeitlich vor dem Beginn der 70. Jahrwoche anordnet. Die 70. Jahrwoche stammt aus einer Prophetie aus dem Buch Daniel. Der Prophet Daniel und die Offenbarung des Johannes sagen für diese 7 Jahre die Herrschaft des Antichristen voraus, eine für alle Menschen und besonders für Christen sehr schwierige und gefährliche Zeit. Da nach Meinung der allermeisten Ausleger die Christen diese Zeit nicht mehr erleben, sondern vorher in den Himmel entrückt werden, muss nach ihrer Auffassung die Entrückung ganz am Anfang der Offenbarung sein, damit alle dort geschilderten Gerichte erst nach der Entrückung liegen und so die Gemeinde Jesu davor bewahrt bleibt.
Das ist allerdings eine sehr formale Art der Auslegung ohne inhaltliche Analyse der dort genannten Gerichte. Außerdem muss man in Offb. 4, 1 viel hineininterpretieren, um dem Vers diese Inhalte beizubiegen. So viel in aller Kürze zur Motivlage eines Teils der Ausleger.
Die Tatsache, dass Johannes in Offb. 1,19 gesagt wird, dass er das schreiben soll, „was er gesehen hat, und was ist und was geschehen soll danach“, muss inhaltlich weiter gefasst und in seiner Bedeutung für die ganze Offenbarung umfänglicher verstanden werden, als hieraus lediglich abzuleiten, dass Johannes und damit die Gemeinde vor der Drangsalszeit entrückt würde. Außerdem (um zum eigentlichen Text und seiner Aussage zurückzukehren) geht es nun einmal nicht um die Hinaufversammlung der Gemeinde, sondern der des Propheten Johannes. Also auch diese Aussage, dass es sich nämlich in Offb. 4,1 um die Entrückung der neutestamentlichen Gemeinde handeln würde, müsste man in den Text erst einmal hineinlegen, wofür es aber keinen wirklichen Grund und in der Offenbarung auch kein anderes Beispiel gibt.
Wenden wir uns jetzt aber von der rein formalistischen Analyse der genannten Textstelle ab und ihrer inhaltlichen zu.
1.1.2 Offenbarung 12, 4b - 5
1.1.2 Offenbarung 12, 4b - 5
„4 Und der Drache trat vor das Weib, die gebären sollte, auf daß, wenn sie geboren hätte, er ihr Kind fräße. 5 Und sie gebar einen Sohn, ein Knäblein, der alle Heiden sollte weiden mit eisernem Stabe. Und ihr Kind ward entrückt zu Gott und seinem Stuhl.
Die hier beschriebene Frau (Jerusalem) gebiert einen Sohn, der alle Nationen mit eisernem Stab weiden soll. Der, der alle Heiden mit eisernem Stab weiden soll, ist Christus (Offb. 19, 15). Aber Christus wurde nicht von einer Frau geboren, die von einem Drachen bedroht wurde, sondern von der Jungfrau Maria.
Der wiedergeborene Überrest der Endzeit hingegen wird von der Tochter Zion geboren und diese Tochter Zion wird dann tatsächlich von einem Drachen bedroht, nämlich von antichristlichen Kräften. Deswegen ist es hier naheliegender, so unwahrscheinlich dies auch auf den ersten Blick klingen mag, dass es sich hier um den wiedergeborenen Überrest der Stadt Jerusalem handelt, denn dieser Überrest wird dann wiedergeboren sein und zum Leib Christi gehören.
Dieser Überrest ist der Abschluss der Gemeinde Jesu Christi und steht stellvertretend für die Gemeinde insgesamt. Die Gemeinde wird mit Christus 1.000 Jahre lang herrschen und diese Gemeinde Jesu Christi wird alle Heiden mit eisernem Stab weiden, wie auch ihr Herr (Offb. 2, 26-27).
Offenbarung 12 redet also sowohl von Christus als auch von seiner Gemeinde. Denn beide gehören zusammen wie ein Leib. Beide wurden bzw. werden von der Erde in den Himmel entrückt. Hier in Offb. 12 lesen wir also deutlich von einer Entrückung, wenn auch auf eine unerwartete Weise, da die Entrückung der Gemeinde bei oberflächlichem Lesen der Bibel nur von Paulus beschrieben wird.
Die Verse in Offb. 12 sind so schwer zu verstehen, dass wir uns ihnen erst am Ende des Buches widmen können. Halten wir fest, dass Offb. 12 von einem Entrückungsereignis spricht, und befassen wir uns jetzt noch mit Offenbarung 11, denn die Kenntnis von Offenbarung 11 ist eine der Voraussetzungen, um Offenbarung 12 verstehen zu können.
1.1.3 Offenbarung 11, 11 (die beiden Zeugen)
1.1.3 Offenbarung 11, 11 (die beiden Zeugen)
„Und nach drei Tagen und einem halben fuhr in sie der Geist des Lebens von Gott, und sie stellten sich auf ihre Füße; und eine große Furcht fiel auf die, die sie sahen. Und sie hörten eine große Stimme vom Himmel zu ihnen sagen: Steigt herauf! Und sie stiegen auf in den Himmel in einer Wolke, und es sahen sie ihre Feinde.“
Hier haben wir also eine Bibelstelle, die erneut von einer Entrückung spricht. Diese Verse stehen erstaunlicherweise in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den zwei Zeugen. Weil der Zugang zum Text von Offb. 11 und 12 durch eine Deutung und Erklärung, wer die beiden Zeugen sind, schneller vor sich geht und für den Leser besser nachvollziehbar ist, wollen wir uns zunächst eingehend mit diesen beiden Charakteren befassen. Am Ende wird sich das Thema der „fehlenden“ Entrückung in der Offenbarung fast wie von selbst lösen.