Kapitel 7: Jesu Wandel übers Wasser (eine prophetische Auslegung)

NEUES HANDBUCH DER BIBLISCHEN PROPHETIE  •  Sermon  •  Submitted   •  Presented
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Wir haben nun einiges über heilsgeschichtliche Zusammenhänge und Zeitsprünge, etc. gelernt. Aber hat das auch Bedeutung für unsere Auslegung von anderen Bibeltexten? Ja natürlich. Warum das so ist, wollen wir an dem Text nachvollziehen, in dem u.a. berichtet wird, dass Jesus übers Wasser geht.

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Jesu Wandel übers Wasser (eine prophetische Auslegung)

Wir haben nun einiges über heilsgeschichtliche Zusammenhänge und Zeitsprünge, etc. gelernt. Aber hat das auch Bedeutung für unsere Auslegung von anderen Bibeltexten? Ja natürlich. Warum das so ist, wollen wir an dem Text nachvollziehen, in dem u.a. berichtet wird, dass Jesus übers Wasser geht. Lesen wir zunächst Matthäus 14. Hier ist der Text:
„Und alsbald trieb Jesus seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren, bis er das Volk gehen ließe. Und als er das Volk hatte gehen lassen, stieg er allein auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war er dort allein. Und das Boot war schon weit vom Land entfernt und kam in Not durch die Wellen; denn der Wind stand ihm entgegen. Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. Und als ihn die Jünger sahen auf dem See gehen, erschraken sie und riefen: Es ist ein Gespenst!, und schrien vor Furcht. Aber sogleich redete Jesus mit ihnen und sprach: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht! Petrus aber antwortete ihm und sprach: Herr, bist du es, so befiehl mir, zu dir zu kommen auf dem Wasser. Und er sprach: Komm her! Und Petrus stieg aus dem Boot und ging auf dem Wasser und kam auf Jesus zu. Als er aber den starken Wind sah, erschrak er und begann zu sinken und schrie: Herr, hilf mir! Jesus aber streckte sogleich die Hand aus und ergriff ihn und sprach zu ihm: Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt? Und sie traten in das Boot und der Wind legte sich. Die aber im Boot waren, fielen vor ihm nieder und sprachen: Du bist wahrhaftig Gottes Sohn! Und sie fuhren hinüber und kamen ans Land in Genezareth. Und als die Leute an diesem Ort ihn erkannten, schickten sie Botschaft ringsum in das ganze Land und brachten alle Kranken zu ihm und baten ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gesund.“
Lesen wir nun noch den Paralleltext aus Markus 6:
„Und alsbald trieb er seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren nach Betsaida, bis er das Volk gehen ließe. Und als er sie fortgeschickt hatte, ging er hin auf einen Berg, um zu beten. Und am Abend war das Boot mitten auf dem See und er auf dem Land allein. Und er sah, dass sie sich abplagten beim Rudern, denn der Wind stand ihnen entgegen. Um die vierte Nachtwache kam er zu ihnen und ging auf dem See und wollte an ihnen vorübergehen. Und als sie ihn sahen auf dem See gehen, meinten sie, es wäre ein Gespenst, und schrien; denn sie sahen ihn alle und erschraken. Aber sogleich redete er mit ihnen und sprach zu ihnen: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!, und trat zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich über die Maßen; denn sie waren um nichts verständiger geworden angesichts der Brote, sondern ihr Herz war verhärtet.“
Und zum Schluss lesen wir noch den Text aus Johannes 6:
„Als Jesus nun merkte, dass sie kommen würden und ihn ergreifen, um ihn zum König zu machen, entwich er wieder auf den Berg, er selbst allein. Am Abend aber gingen seine Jünger hinab an den See, stiegen in ein Boot und fuhren über den See nach Kapernaum. Und es war schon finster geworden und Jesus war noch nicht zu ihnen gekommen. Und der See wurde aufgewühlt von einem starken Wind. Als sie nun etwa eine Stunde gerudert hatten, sahen sie Jesus auf dem See gehen und nahe an das Boot kommen; und sie fürchteten sich. Er aber sprach zu ihnen: Ich bin's; fürchtet euch nicht! Da wollten sie ihn ins Boot nehmen; und sogleich war das Boot am Land, wohin sie fahren wollten.“
Über diese Bibelstelle habe ich viele Predigten gehört. Es ist eine Bibelstelle, die uns Hoffnung geben soll, dass Jesus uns in den Stürmen unseres Lebens nicht allein lässt, sondern uns selbst in den dunklen Zeiten unseres Lebens aufsucht, den Lebenssturm stillt und uns zum sicheren Ziel führt. Das ist die seelsorgerliche Auslegung des Textes.
Weil wir nun aber das Wort Gottes vertieft studieren wollen, lesen wir den Bibeltext noch einmal ganz genau und prüfen jede einzelne Aussage. Das Erstaunliche ist nämlich, dass der Text voller Widersprüche und Unmöglichkeiten ist!
Zunächst einmal ist es verwunderlich, dass Jesus über Wasser gehen kann. Hieran haben sich im Lauf der Jahrhunderte viele Menschen gestoßen und immer wieder wurde diese Stelle auch zum Spott von kritischen Geistern, denn auf dem Wasser zu gehen, ist wissenschaftlich schlicht unmöglich, oder?
Die Wissenschaft sagt: ein Phänomen in der Natur ist dann wahr, wenn man es zu jeder Zeit, an jedem Ort der Welt mit dem gleichen Ergebnis wiederholen kann. Insofern beschreibt die Wissenschaft zunächst lediglich Phänomene, die sie beobachtet. Alle Experimente, die man zu jeder Zeit und an jedem Ort mit dem gleichen Ergebnis wiederholen kann, sollen eine naturwissenschaftliche Wahrheit oder Tatsache beschreiben und gelten als empirisch festgestellte Axiome.
Alles, was diesem Anspruch nicht entspricht, ist wissenschaftlich nicht haltbar, also im Sinne der Naturwissenschaft nicht wahr. Also muss die Wissenschaft das Wandeln Jesu auf dem Wasser als unwahr abtun. Denn das konnte nur Jesus und niemand anderes. Diese wissenschaftliche Sicht der Dinge und „vernünftige“ Beurteilung von Phänomenen in der Natur ist uns hinlänglich vertraut. Zwar wird diese Vorgehensweise zum mangelhaften Modell, sobald man unsere gewohnten Dimensionen Richtung Mikro- oder Makrokosmos verlässt, aber in den gewöhnlichen Lebenszusammenhängen gelten sie als „vernünftig“ und wissenschaftlich nachprüfbar. Aber damit werden viele Berichte der Bibel unglaubwürdig. Zum Beispiel die Heilungswunder, die Jungfrauengeburt, etc.
Aber zurück zum Text: Das Gehen Jesu auf dem Wasser ist nicht die einzige Verwunderlichkeit und Unmöglichkeit im biblischen Bericht. Denn die Bibel enthält hier noch einige andere Ungereimtheiten.
Die Jünger sind mit ihrem Boot auf dem See Genezareth auf dem Weg zum gegenüberliegenden Kapernaum. Der See Genezareth ist ca. 21 km lang und 13 km breit. Dort gibt es gefährliche Fallwinde, die heftige Stürme erzeugen können. Die Jünger befinden sich in der Nacht mitten auf dem See, also mindestens 6,5 km vom Ufer entfernt, wo Jesus auf einem Berg allein zurückgeblieben war, um zu beten. Von dort sieht er die Jünger in Seenot. Kann das sein? Wie weit kann man nachts sehen? 50 m, 100 m, 200 m? Selbst bei Vollmond sind nur wenige 100 m möglich und Details kaum erkennbar. Aber Jesus hat laut Bibel in einer stürmischen Nacht über 6 km weit gesehen. Das ist normalerweise nicht möglich.
Aber es geht noch weiter. Die Jünger waren ca. 6 km weit gerudert. Sie befanden sich mitten auf dem See. Als Jesus zu ihnen kommt und den Sturm stillt sind sie sofort am anderen Ufer? In der Bibel steht „alsbald“. Das bedeutet sofort, unmittelbar. 6 km in 0 Sekunden? Warum schreibt die Bibel solche unglaublichen Geschichten?
Ein Nächstes: Jesus stillt den Sturm? Wie soll das gehen? Kann ein Mensch einen Sturm beruhigen? Ist das noch glaubwürdig? Wenn das so unwahrscheinlich ist, ist dann vielleicht auch die anfängliche Aussage, dass Jesus uns in unserem Leben begleitet und umsorgt, zweifelhaft? Ist die Bibel überhaupt glaubwürdig? So beginnt sich beim zweiten Hinschauen augenscheinlich begründeter Zweifel in unserem Glauben breit zu machen.
Als Jesus dann zum Schiff kommt, fürchten sich die Jünger und glauben, er wäre ein Gespenst. Das ist doch nun mal endlich eine nachvollziehbare menschliche Reaktion! Stellen Sie sich vor: Sie sind in einem Sturm auf einem großen See und plötzlich läuft eine Person in einiger Entfernung übers Wasser? Da traut man doch seinen Augen nicht! Dass die Jünger geglaubt haben, Jesus sei ein Gespenst, ist endlich mal etwas Nachvollziehbares und Verständliches im Text.
Als die Jünger mit Jesus auf der anderen Seite des Sees ankommen, werden sie von den Leuten erkannt und die laufen in die umliegende Gegend und bringen alle Kranken zu Jesus und alle, die ihn anrühren, werden gesund. Ein weiteres Wunder - wissenschaftlich ebenfalls nicht möglich.
Aber kaum hat man das verinnerlicht, verstört uns eine weitere Aussage. Denn die Schrift sagt: Jesus wollte an ihnen vorübergehen. In Markus 6, 45 ff. steht:
„45 Und alsbald trieb er seine Jünger, in das Boot zu steigen und vor ihm hinüberzufahren nach Betsaida, bis er das Volk gehen ließe. 46 Und als er sie fortgeschickt hatte, ging er hin auf einen Berg, um zu beten. 47 Und am Abend war das Boot mitten auf dem See und er auf dem Land allein. 48 Und er sah, dass sie sich abplagten beim Rudern, denn der Wind stand ihnen entgegen. Um die vierte Nachtwache kam er zu ihnen und ging auf dem See und wollte an ihnen vorübergehen. 49 Und als sie ihn sahen auf dem See gehen, meinten sie, es wäre ein Gespenst, und schrien; 50 denn sie sahen ihn alle und erschraken. Aber sogleich redete er mit ihnen und sprach zu ihnen: Seid getrost, ich bin's; fürchtet euch nicht!, 51 und trat zu ihnen ins Boot, und der Wind legte sich. Und sie entsetzten sich über die Maßen; 52 denn sie waren um nichts verständiger geworden angesichts der Brote, sondern ihr Herz war verhärtet.“
Moment mal! Lesen wir richtig? Jesus wollte an ihnen vorübergehen? Wo wollte Jesus denn hin? Er war kilometerweit in Nacht und Sturm über den See gegangen. Wunder genug, dass er das kleine Schifflein in dem aufgewühlten See überhaupt gefunden hat! Er hat also mitten in den aufgewühlten Wellen diese kleine Nussschale gefunden, und dann will er an ihnen vorübergehen? Das macht doch keinen Sinn!
Wir finden also eine Vielzahl von Ungereimtheiten in diesem Bibeltext und ich muss ehrlich sagen, dass ich bislang auch noch niemanden über diese Ungereimtheiten habe sprechen hören. Aber als Christ, der die Schrift und Jesus Christus liebhat und kennt, muss man doch ernsthaft hinterfragen dürfen, ob dieser Text für uns moderne Menschen heute überhaupt glaubhaft ist. Stehen wir denn nun bei genauem Hinsehen leider vor dem Scherbenhaufen unseres Schriftglaubens?
Die Frage lautet doch: Ist dieser Text – und damit die ganze Bibel - verlässlich in ALLEN ihren Aussagen oder ist sie auf den zweiten Blick lediglich ein mangelhafter Trost für alte Leute - für uns aber leider inakzeptabel, weil in großen Teilen unglaubwürdig? Schließlich glauben wir doch längst nicht mehr alles, was man uns erzählt, oder?
Paulus hält uns geradezu dazu an, alles erst zu prüfen und eben nicht alles zu glauben. Das ist eine sehr unerwartete Aussage der Schrift, die doch Glauben von uns fordert, oder? Aber ich finde, das ist ein faires Angebot: glaubt nicht alles, was man euch erzählt, sondern prüft alles und das Gute behaltet. Kann man also der Bibel glauben? Die Antwort ist: ja. Aber dieses Ja muss nun auch erklärt und begründet werden.
Ich fordere Sie also als echte Christen auf, den Bibeltext noch einmal genau anzuschauen und nachzudenken. Denn die Jünger, so steht es in Markus, waren leider nicht verständiger geworden und ihr Herz war verhärtet. Das sollte bei uns aber nicht passieren. Bitte: Nicht ich habe die Diskrepanzen aufgeworfen! Die Bibel selbst hat das getan. Versuchen wir nun Licht ins Dunkel zu bringen.
Zunächst bin ich der festen Überzeugung, dass die Bibel eben genau so geschrieben sein muss, wie wir sie vorliegen haben. Das haben wir weiter oben schon ansatzweise gesehen. Es gibt keinerlei Widerspruch in der Bibel, auch wenn uns das bei den einen oder anderen Stellen so vorkommen mag. Es liegt meistens an unserem beschränkten Horizont oder an unserem Unglauben und vielleicht auch darin, dass wir selbst widersprüchliche Typen sind. Aber wenn Gott uns die Augen für die Schrift öffnet, dann sehen wir Wunder in Gottes Wort.
Wie sollen wir die Texte nun verstehen? Manche haben gesagt, der Text kommt dreimal in den Evangelien vor und die Evangelisten haben voneinander abgeschrieben. Das macht aber keinen Sinn, denn der eine berichtet wiederum andere Dinge als der andere. Und so dumm waren die Evangelisten auch wieder nicht, dass sie nicht sauber voneinander hätten abschreiben können.
Nein, die Texte ergänzen sich viel mehr. Wir müssen die drei Bibelstellen zusammen sehen und dann tun sich erstaunliche Dinge auf, denn wir haben hier nicht weniger als die komplette Heilsgeschichte vor unseren Augen: das Kommen Jesu zu seinem Volk Israel! Quer durch die Völker der Welt (hier symbolisiert durch den See und die Wellen und Wassermassen) findet Christus sein Volk Israel (hier symbolisiert durch die zwölf Jünger in einem Schiff mitten auf dem Meer).
Wenn wir diese Sichtweise anwenden, wird plötzlich alles klar: Jesus ist allein auf dem Berg mit seinem Vater im Gebet. Das ist ein Bild auf Christus vor seiner Menschwerdung, wie er im Himmel mit dem Vater seit Ewigkeit vereint war. Sein Volk Israel - hier durch die zwölf Jünger symbolisiert - war allein mitten auf dem (Völker-)meer unterwegs. Wer die Bibel kennt, weiß, dass große Wassermassen oder auch das Meer immer wieder ein Bild für die Völker der Welt sind. Christus ist im Himmel, schaut auf sein Volk Israel herab und selbst in der Nacht der Welt sieht er sein Volk (übrigens: über eine größere Distanz als 6 km ...). Er kommt also aus der Höhe, aus dem Himmel herab, quer durch das Meer der Völker bis zu seinem Volk Israel.
Die Bibel spricht sehr, sehr oft von der Wiederkunft Jesu Christi in der Zukunft und wir wissen von seiner Ankunft vor 2.000 Jahren bei seinem Volk. Wenn Christus also wiederkommt und sein Volk zum zweiten Mal besucht, dann wird er sein Reich aufrichten und alle Welt wird in Christus gesund und heil werden. Das ist symbolisiert dadurch, dass das Boot sofort („alsbald“) an Land ist und viele tausend Menschen zu Jesus kommen und alle, die ihn anrühren, werden gesund. Das ist ein Bild auf das Friedensreich Christi, das anbrechen soll. Es muss also unbedingt „alsbald“ heißen. Denn wenn Christus zu seinem Volk kommt, dann bricht sein Reich sofort an - ohne Verzug. Deswegen steht hier „alsbald“. Wir haben hier ein großes prophetisches Bild, das uns die Bibel offenlegt.
Kann Jesus übers Wasser gehen? Ja, kann er.
Ist das ein historisch zuverlässiger Bericht? Ja, das ist es.
Hat sich das genauso zugetragen? Ja, das hat sich genauso zugetragen.
Und dennoch ist es eine Allegorie auf einen viel größeren Zusammenhang, als der oberflächliche Leser zunächst vermutet.
Beim Lesen der Evangelien fällt auf, dass diese Texte eine zweite, tiefere Ebene haben. Als ich gläubig wurde, war ich der Auffassung, dass die Evangelien einfach zu verstehen sind, während die Briefe von Paulus kompliziert seien. Aber je mehr ich die Bibel kennengelernt habe, desto mehr Respekt habe ich vor der Bedeutungstiefe der Evangelien. Wenn Sie Zeit haben, dann schreiben Sie doch einfach mal alle Himmelreichsgleichnisse aus der Bibel in ihrer Reihenfolge auf. Dann finden Sie ebenfalls die ganze Heilsgeschichte darin enthalten! Und Sie werden dort noch mehr finden ...
Wir sollen also unseren Kinderglauben verlassen und weitergehen zu einem Erwachsenenglauben und uns freuen an den Geheimnissen, die die Schrift uns offenbart und so gewiss werden, dass Gottes Wort wahr und zuverlässig ist. Alle Geheimnisse führen uns letzten Endes zu einem Ziel: zu unserem Herrn Jesus Christus und zur Freude in Ihm. Das ist das Endziel von allem. Aber dann und wann wollen und dürfen wir auch etwas tiefer in der Bibel graben, um dann doch auch wieder bei Christus und der Freude an Ihm zu enden.
Also: Jesus stillt den Sturm. Auch das ist historische Tatsache. Im Bild bedeutet dies aber, dass auch die aufgewühlten und unruhigen Völker der Welt durch die schlussendliche Herrschaft Christi in seinem 1.000-jährigen Friedensreich zur Ruhe finden werden. Hier symbolisiert in der Stillung des Sturmes. Auch das stimmt also mit unserer Geschichte überein.
Die Jünger glauben, es handele sich um ein Gespenst. Das ist auch ein Bild, denn wenn Jesus eines Tages sichtbar wiederkommt, dann kann Israel das kaum glauben. Sie werden ihren Augen nicht trauen, wenn sie ihn sehen. Ganz ähnlich, wie die Jünger hier auf dem Boot.
Was tut aber Petrus? Petrus erkennt Jesus und er tut etwas ganz Unerwartetes. Er sagt: „Wenn du es bist, so heiße mich zu dir aufs Wasser kommen.“ Das ist aber mal eine starke Reaktion, oder? Wären Sie auf den Gedanken gekommen? Vernünftig wäre doch gewesen, wenn Petrus gesagt hätte: „Herr, komm schnell ins Boot. Hier ist es halbwegs sicher.“
Aber Petrus tut etwas ganz Anderes: Er geht hinaus in die stürmischen Wellen, um zu Jesus zu kommen. Das habe ich mir im Text unterstrichen: um zu Jesus zu kommen! Petrus ist auch ein Bild. Er verkörpert hier den Überrest Israels, der, wenn Jesus wiederkommt, zu Jesus umkehren wird. Hiervon hören wir in den Kapiteln weiter hinten noch Erstaunliches. Dieser Überrest wird sich zu Christus bekehren und alle Sicherheit (der Synagoge, des Gesetzes, der jüdischen Tradition, etc.) hinter sich lassen und aus dem Boot heraustreten, um zu Jesus zu kommen.
Anwendung für uns heute: Wenn Sie heute mit Jesus unterwegs sind und ihm tatsächlich nachfolgen, werden Sie vielleicht auch so manche Sicherheit aufgeben müssen. Vielleicht die eigene Gemeinde, vielleicht alte Freunde oder Familienangehörige, vielleicht Ihr Zuhause und manches mehr. Denken Sie an die Christen in verfolgten Ländern. Denen geht’s vielfach auch nicht anders. Wenn wir Jesus tatsächlich nachfolgen, dann sind wir als Jünger Jesu - genau wie Petrus - auf dem „offenen Wasser“ unterwegs. Allein auf die Hilfe und den Schutz unseres Herrn angewiesen, ohne die vermeintliche Sicherheit eines Schiffes. Mitten auf dem See. Im Sturm. Und dennoch an der Hand Jesu. Wenn Sie glauben und Jesus nachfolgen, dann haben Sie auch den Schritt aus dem Schiff gewagt. SIE sind selbst mit Christus im Glauben auf dem offenen Wasser unterwegs! Sie sind also in bester Gesellschaft mit Petrus und mit Jesus! Mag sein, dass die Wellen hoch bleiben, aber der Herr ist dennoch mit Ihnen und steht Ihnen bei[1]. Auch das macht also plötzlich Sinn.
Kommen wir aber noch zu dem letzten Punkt: Jesus will an ihnen (an seinen Jüngern) vorübergehen? Wo will er denn hin? Konnte er nicht froh sein, endlich das Schiff der Jünger in dem aufgewühlten See gefunden zu haben? Und jetzt, wo er endlich dort ist, will er an ihnen vorübergehen?
Nun, wir haben hier die komplette Heilsgeschichte vor unseren Augen. Und wir sehen hier - ineinander verschränkt - beide Ankünfte Jesu zu seinem Volk in einer Schau: die Ankunft vor 2.000 Jahren und die Ankunft am Ende der Gemeindezeit. Beides fließt hier ineinander.
Mancher wird es vielleicht schon vermutet haben: Es handelt sich hier wieder um einen Zeitsprung in der Schrift. Denn als Jesus zum ersten Mal zu seinem Volk Israel kam, da wurde er gekreuzigt und starb. Aber nach seiner Auferstehung ging das Evangelium in die ganze Welt, bis zu uns. Jesus kam also tatsächlich zu seinem Volk Israel, als der verheißene Sohn Davids. Aber eigentlich - wollte er zu seiner Gemeinde, die sein Leib ist - wie Paulus im Neuen Testament schreibt. Eigentlich wollte er an Israel vorübergehen und erstaunlicherweise wollte er eigentlich zu uns kommen! Deshalb will Jesus am Schiff vorübergehen! (ZEITSPRUNG) Am Ende der Zeit aber tritt er dann auch ins Schiff, stillt den Sturm, führt sein Volk ans sichere Land und heilt alle Welt.
Merken Sie, wie sich plötzlich alle Widersprüche auflösen? Deshalb glaube ich, dass die Bibel eine zweite, tiefere, bedeutungsstärkere Ebene hat. So wie die Schrift uns vorliegt, so muss es sein und bleiben. Es gibt keine Widersprüche in der Bibel. Vielleicht sind unsere Augen nur verklebt. Aber wenn Gott Licht schenkt, dann passt alles zusammen.
Das ist gigantisch. Verstehen Sie? Das kann kein Mensch geschrieben haben! Das sind Entsprechungen, die wir erst in der Synopse, in der Zusammenschau der drei Evangelien sehen. Hier hat eben niemand voneinander abgeschrieben. Dazu sind die Texte viel zu unterschiedlich. Die Texte ergänzen sich vielmehr und wir sehen jetzt warum. Das ist tatsächlich Gottes inspiriertes Wort und es ist vertrauenswürdig. Das ist das wichtigste Ergebnis meiner kurzen Ausführungen zu dem Text.
Dann dürfen wir selbstverständlich auch wieder seelsorgerlich auslegen und sagen: Jesus stillt den Sturm auch in unserem Leben. Denn wenn er das für sein Volk tut am Ende der Zeit, dann tut er das auch für uns heute. Und damit dürfen wir den Text dann auch mit der gleichen Berechtigung, wie wir die obenstehenden Feststellungen getroffen haben, seelsorgerlich anwenden.
Ist die Bibel glaubwürdig? Ja, unbedingt.
Gibt es Widersprüche in der Bibel? Auf den ersten Blick scheint es so, aber auf den zweiten Blick nicht mehr. Auf den zweiten Blick müssen wir bekennen, dass wir nur etwas blind waren, wenn wir das geglaubt haben. Und es ist sicher festzustellen: Der schlichte Glaube an das geschriebene Wort ist das weiseste, was ein Mensch tun kann. Denn Torheit vor der Welt ist Weisheit vor Gott und die Weisheit der Welt hat in ihrer Klugheit Gott eben nicht erkannt. So hat es Gott gefallen und so ist es eigentlich auch gerecht. Denn sonst sind die, die immer „vorne“ sind, auch hier wieder die ersten. So aber werden die Ersten die Letzten sein und die Letzten Erste.
Merken Sie, wie plötzlich alles auf dem Kopf steht?
· Klugheit wird zur Torheit
· Torheit wird zur Klugheit
· der Stolze wird erniedrigt und der Niedrige wird erhöht …
· … und Widersprüche bestätigen plötzlich die Wahrheit der Bibel usw.
Das ist der Grund, warum wir umkehren müssen, warum wir uns bekehren sollen, warum wir im Denken verändert werden müssen (Röm. 12). Das ist ganz leicht und auch ganz schwer und wiederum auch ganz leicht. Aber es lohnt sich in jedem Fall. Und selbst wenn es sich nicht lohnen sollte, bleibt es doch Wahrheit und Paulus sagt: „… wider die Wahrheit können wir nichts“. Dieser Text enthält viel Trost für unser Leben. Denn wenn diese großen Linien alle so wunderbar zusammenpassen und stimmen, dann stimmt auch das, was wir anfangs sagten: dass Jesus uns mit unserem Lebensschiff nicht alleine lässt. Nun sind wir nach weitläufigen Erläuterungen doch wieder bei den schlichten Dingen angelangt und erkennen, dass es schlussendlich doch die größere Weisheit ist, die schlichten Dinge schlichtweg zu glauben. Am Ende von allem bleibt nur ein Name: Jesus Christus, der Herr, der da war, der da ist und der da kommt. Ihm sei die Ehre, denn ohne ihn blieben dies alles nur leere Worte. Mit ihm aber ist es eine Kraft, die selig macht alle, die daran glauben.
So, jetzt haben wir die Bibel etwas vertieft gelesen und haben uns nicht gescheut, Widersprüchliches und Unglaubliches in der Bibel näher anzuschauen und dürfen sagen, dass die Bibel unsere Erwartungen übererfüllt hat. Jetzt aber wollen wir uns einem neuen Themenkreis zuwenden, nämlich dem Standbild in Daniel 2. Hier geht es nun doch noch um endzeitliche Spezialitäten, die wir aufgrund dessen, was wir oben festgestellt haben, sehr viel besser verstehen werden. Auch hier werden wir Ergebnisse finden, die den bisher gängigen Auslegungen durchaus widersprechen. Allerdings wird sehr schnell deutlich werden, dass sie sehr gut nachvollziehbar und viel einfacher verständlich sind als viele komplizierte Spekulationen zu diesen Bibeltexten.

1.1 Manöverkritik

Mancher Leser wird sich vielleicht an der allegorischen Art der Auslegung dieses Tatsachenberichtes stören. Insbesondere jüngere Theologen halten von allegorischen Auslegungen nicht viel. Sie sind der Meinung, dass Allegorien im Alten Testament sehr zurückhaltend gedeutet werden müssen, da sie hier eine gewisse Beliebigkeit in der Deutung befürchten. Vor einigen Jahren wurde mir als Negativbeispiel genannt, dass die Teilung des Roten Meeres auch für die Rechtfertigung zur Trennung einer Ehe herangezogen worden sei. Das ist meines Erachtens aber abwegig, weil allegorische Auslegungen nicht außerhalb oder im Widerspruch des Gesamtzusammenhangs der Bibel vorgenommen werden dürfen. Aber grundsätzlich ist diese Gefahr natürlich vorhanden und soll auch beachtet werden.
Würden wir aber die allegorische Auslegung in dieser unserer Begebenheit ausblenden, könnten wir den Text nicht erklären. Insbesondere die Frage warum Jesus an den Jüngern vorübergehen wollte, bliebe offen und unbeantwortet.

1.2 Meer oder See Genezareth?

Aber nicht allein dieser Umstand bliebe ungeklärt, sondern auch die Tatsache, dass der griechische Grundtext, wenn er in unserer Begebenheit vom See Genezareth spricht, ständig θάλασσα (thálassa) verwendet, was aber eigentlich Meerbedeutet. Ältere Bibelübersetzungen verwenden für dieses griechische Wort tatsächlich noch Meer. Neuere Bibelübersetzungen stoßen sich aber daran, weil der See Genezareth eben kein Meer ist, sondern ein See. Deswegen übersetzen sie dieses griechische Wort regelmäßig mit See, was ihnen „vernünftiger“ erscheint, sprachwissenschaftlich aber eigentlich nicht richtig ist, denn das Griechische kennt sehr wohl ein Wort für See, nämlich λίμνη (límni).
Diese Diskrepanz ist nicht aufzulösen, ohne eine allegorische Auslegung zu verwenden. Denn in unserem Zusammenhang wird deutlich, dass wir hier ein prophetisches Bild vor uns haben, in dem Christus quer durchs Völkermeer θάλασσα (thálassa) zu seinem Volk Israel geht. Erst in diesem allegorischen Zusammenhang wird die Verwendung des griechischen Wortes Meer plötzlich nachvollziehbar und verständlich, ja sogar notwendig. Damit löst sich dann auch das sprachwissenschaftliche Problem auf und zudem wird deutlich, dass es besser ist, den griechischen Text unverändert zu übertragen, ohne ihn durch vermeintliche Vernünfteleien zu verschlimmbessern.
Erinnern wir uns, dass wir zu Beginn unseres Kapitels davon sprachen, dass viele Theologen unterstellen, dass die Apostel voneinander abgeschrieben hätten. Bei dem, was wir hier durchdacht haben, sehen wir hingegen, dass die Apostel, vom Geist Gottes gelenkt, Wörter verwenden, von denen die Gelehrten meinen, sie seien falsch, uns aber eine tiefere Weisheit des Textes offenbaren. Wir verstehen dadurch, dass die Begriffe von Gott absichtlich so gewählt wurden, weil sie uns so die tiefere Bedeutungsebene des Textes erschließen. Und jetzt wendet sich das Blatt.
Denn bei einer allegorischen Auslegung des Textes werden die „dummen“ Apostel nunmehr zu Weisen, während die Weisen zu den Dummen werden. Interessant, oder? Und das nur, weil man sich eng an das Wort Gottes hält – oder eben nicht. Was für ein schönes Ergebnis.
[1] So sind auch wir nun doch wieder bei einer seelsorgerlich-tröstlichen Aussage des Textes angelangt - schön, oder?!
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