Glücklich zu nennen - Mt. 5,1-12
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Einleitung
Einleitung
Was ist eigentlich “Glück”, und wer ist glücklich? Bei einer weltweit durchgeführten Untersuchung in 155 Ländern fand man heraus, dass die glücklichsten Menschen in Dänemark leben, gefolgt von den Schweizern und den Isländern. Der niederländische Soziologieprofessor Ruut Veenhoven hat dies untersucht und dazu die weltweit größte Datenbank zum Thema “Glück” angelegt, die “World Database of Happiness”. Hier definiert er “Glück” wie folgt:
Mit dem Begriff “Glück” wird auf das Konzept der Lebenszufriedenheit Bezug genommen. Dabei geht es um die Frage, wie zufrieden die Menschen mit ihrem Leben als Ganzes sind.
Deutschland kommt übrigens bei dieser “Glücks-Datenbank” auf Platz 26 (von 155).
Glück - was ist das überhaupt? Und wer ist “glücklich”? Im Internet fand ich einen Artikel einer gewissen Monika Sax. Sie schreibt:
Wir sind ständig auf der Suche nach dem Glück - und wenn wir es tatsächlich finden, sind wir trotzdem nicht lange zufrieden. Wir wollen dieses Gefühl wieder und wieder erleben. Warum ist das so? Sind wir fürs dauerhafte Glück einfach nicht gemacht?
Heute geht es um dieses Thema: “glücklich sein”. Wer oder was ist glücklich? Und was hat “glücklich sein” mit unserem Christsein zu tun? Passt das überhaupt zusammen? Christsein und glücklich sein?
Wir beginnen ja heute mit unserer nächsten Predigtreihe. Wir werden uns dabei mit der Bergpredigt beschäftigen. Und die Bergpredigt beginnt genau damit: mit einer Definition dessen, wer glücklich zu nennen ist. Selig zu preisen, so übersetzt Luther dies, aber er meint damit nicht etwas “Geistliches”, sondern er verwendet es so, wie auch wir manchmal das Wort “selig” benutzen - durch und durch glücklich. Ein Ausleger verwendet daher die Bezeichnung “Glückseligpreisungen”. Der Einfachheit halber und weil dieser Begriff so bekannt ist, bleibe ich aber bei “Seligpreisungen”.
Bevor wir uns jetzt diesen “Seligpreisungen” - also der Frage, wer wirklich glücklich genannt werden kann - zuwenden, wollen wir uns zunächst ein wenig näher mit der Bergpredigt als Ganzes auseinandersetzen. Immerhin werden wir uns ja mit dieser Bergpredigt bis Anfang Juli beschäftigen. Ich habe übrigens für unsere ukrainischen Gäste die Bibelverse aus einer modernen ukrainischen Übersetzung mit auf der Folie angegeben.
1. Die Bergpredigt
1. Die Bergpredigt
Matthäus 5,1–2 (NGÜ NT+PS)
Als Jesus die Menschenmenge sah, stieg er auf einen Berg. Er setzte sich, seine Jünger versammelten sich um ihn, und er begann sie zu lehren.
In Kapitel 4 des Matthäusevangeliums wird davon berichtet, wie Jesus vor Beginn seiner Wirksamkeit 40 Tage in der Wüste Juda ist, und wie er am Ende dieser Zeit vom Teufel versucht wird. Dann beginnt er sein öffentliches Wirken in Galiläa. Seine Botschaft lautet: “Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe.” (Mt 4,17). Danach erfahren wir von der Berufung der ersten Jünger, Simon Petrus, Andreas, Jakobus und Johannes. Mit ihnen zieht er durch Galiläa und verkündet “die Botschaft vom Reich Gottes” (Mt 4,23). Und er unterstreicht seine Botschaft von dem kommenden Reich Gottes durch Zeichen und Wunder, indem er Kranke und Leidende heilte (Mt 4,24). Offensichtlich schlossen sich ihm noch weitere Jünger an. Und überall, wohin er kam, sammelten sich die Menschenmengen um ihn. Damit schließt Kapitel 4.
Wieder einmal war eine große Menge von Menschen zusammengekommen. Deshalb stieg Jesus jetzt auf einen Berg, vermutlich eine Anhöhe am Ufer des Sees Genezareth. Von hier aus konnte man seine Stimme weithin hören. Dann setzte er sich und seine Jünger versammelten sich um ihn. Warum setzt sich Jesus hin? Wir würden doch eher vermuten, dass er noch auf einen besonderen Stein steigt!
Dazu muss man wissen, dass dies in der damaligen Kultur ein Zeichen dafür war, dass man die Menschen lehren wollte. Und dieses “Lehren” war nicht so zu verstehen, wie wir das heute oft meinen. Dass man eine Position darlegt und die Zuhörer auffordert, dass sie sich ihre eigene Meinung dazu bilden. Lehren hatte damals einen Gehorsamsanspruch. Man lehrte in Autorität. Dazu setzte man sich. Häufig standen die Zuhörer, aber der Lehrer setzte sich. Mehrfach wird dies im Matthäus-Evangelium von Jesus erzählt, dass er sich setzte um zu lehren. Nur einmal wird von den Pharisäern und Schriftgelehrten gesagt, dass sie sich “auf den Lehrstuhl des Mose gesetzt haben” (Mt 23,2). Diese Autorität nimmt Jesus nun auch für sich in Anspruch.
Und wen lehrt Jesus? Zwei Gruppen werden hier genannt: die Menschenmeng und die Jünger. Vom griechischen Text her scheint es so, als würde sich Jesus seinen Jüngern zuwenden und sie lehren. Gleichzeitig aber ist immer auch die Volksmenge als Zuhörer dieser Lehre im Blick.
Jesus hatte bisher ein großes Thema gehabt bei seinen öffentlichen Auftritten: “Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe” (Mt 4,17). Dies war die “Botschaft vom Reich Gottes” (Mt 4,23), die er verkündigte. Jetzt, in der Bergpredigt entfaltet er diese Botschaft. Wie sieht ein Leben der Buße aus? Wie sieht ein Leben aus, das geprägt ist von Gottes Herrschaft? Dazu muss man wissen, dass das griechische Wort “Königreich”, das Jesus immer wieder verwendet, nicht in erster Linie ein Land oder ein Gebiet meint, das diesem König gehört. In erster Linie ist damit gemeint, dass die Herrschaft dieses Königs anerkannt wird. Dass Menschen diesem König gehören und gehorchen.
Und genau das ist die Bergpredigt: das Regierungsprogramm des Königs Jesus. Dort, wo seine Herrschaft anerkannt wird, gelten diese Maßstäbe. Das gilt also nicht erst, wenn Jesus einmal wiedergekommen sein wird. Es gilt auch nicht irgendwie innerlich oder vergeistigt in der Gemeinde. Jesus will, dass Menschen, die Gottes Herrschaft anerkennen, sich an dem orientieren, was er hier in seinem Regierungsprogramm sagt. Also gilt das auch für uns, seine Gemeinde. Denn das ist Jesus ja seit seiner Auferstehung und Himmelfahrt: der König aller Könige, der Herr aller Herren. Wenn wir also zu ihm gehören und ihm nachfolgen, dann sollte das, was wir in der Bergpredigt lesen, uns Maßstab sein.
Wenn ich von “Maßstab” reden, dann meine ich damit nicht, dass wir das alles komplett und zu jeder Zeit umsetzen können. Natürlich machen wir Fehler und brauchen seine Vergebung. Aber es bedeutet, dass wir uns immer wieder neu darauf ausrichten.
Das gilt auch für die Bergpredigt. Es mag sein, dass unser Leben nicht zu allen Zeiten oder im vollen Umfang dem gerecht wird, was Jesus hier fordert. Dann brauchen wir Vergebung. Aber trotzdem bleibt es der Maßstab, nach dem wir uns richten müssen, wenn wir Jesus nachfolgen, wenn wir zu Gottes Königreich gehören.
Das klingt jetzt alles sehr streng. Gesetze und Regeln, nach denen man leben muss. Wo bleibt da eigentlich das Evangelium? Wo bleibt die gute Nachricht? Ich finde es faszinierend, dass das Regierungsprogramm von Jesus mit den Seligpreisungen beginnt. Bevor er sich den Regeln und Normen zuwendet, die für sein Reich gelten, macht Jesus deutlich, dass es nichts besseres gibt, als in seinem Reich zu leben. Menschen, die zu ihm gehören, sind glücklich zu nennen. Es geht Gott also nicht darum, uns durch Regeln und Gesetze zu gängeln oder einzuengen. Alles, was er von uns fordert, dient letztlich dazu, dass wir den Sinn und Zweck unseres Lebens entdecken und auf diese Weise wirklich glücklich werden. Wie hatte es der Glücksforscher Veenhoven gesagt: Glück, das meint Lebenszufriedenheit. Jesus will uns sagen, wie wir diese Lebenszufriedenheit bekommen können.
Wir werden uns in den nächsten Wochen auch intensiv mit den Regeln und Normen auseinandersetzen, die zu Gottes Reich gehören. Heute aber beginnen wir damit, dass wir uns Gedanken darüber machen, was Glück eigentlich bedeutet und wer nach Gottes Maßstäben glücklich genannt wird. Und ich kann euch versprechen, dass das in höchstem Maße revolutionär ist. Jesus stellt hier nämlich alles das auf den Kopf, was in unserer Welt gilt.
Ich habe dazu die Seligpreisungen inhaltlich ein wenig zusammengefasst unter drei Aspekten (sonst hätten wir jetzt noch 9 weitere Unterpunkte, und das wäre dann doch etwas zu umfangreich): 1. Glücklich zu preisen sind die, die auf dieser Welt benachteiligt sind, 2. Glücklich zu preisen sind die, die den unteren Weg gehen und 3. Glücklich zu preisen sind die, die nach Gottes Willen leben.
2. Glücklich zu preisen sind die, die auf dieser Welt benachteiligt sind
2. Glücklich zu preisen sind die, die auf dieser Welt benachteiligt sind
Matthäus 5,3 (NGÜ NT+PS)
Er sagte: »Glücklich zu preisen sind die, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Luther hat übersetzt: „die da geistlich arm sind“. Andere übersetzen mit “geistig arm”. In der griechischen Sprache, in der das NT ja geschrieben wurde, wird zwischen „geistlich arm“ und „geistig arm“ kein Unterschied gemacht. Es heißt wörtlich “arm sein im/am Geist”. Die Übersetzung „arm sein vor Gott“ gibt daher recht gut wieder, was gemeint ist. Das sind Menschen, die sich weder vor Gott noch der Welt besonders hervortun. Sie leisten nichts, worauf andere stolz sind. Sie haben nichts, was andere haben möchten. Im Gegenteil: sie sind sich ihrer Armut bewusst, ihrer geistlichen Armut vor Gott ebenso wie ihrer geistigen Armut in dieser Welt.
Ich glaube also, dass das durchaus auch für Menschen gilt, die wir “geistig behindert” nennen. Oft haben sie ja einen viel einfacheren, kindlicheren Zugang zu Gott und Jesus. Uns steht da häufig unser Intellekt im Weg. Und in den Himmel kommen wir ja nicht, wenn und weil wir das Evangelium intellektuell verstehen, sondern dadurch, dass wir uns von Jesus beschenken lassen.
Aber gemeint sind auch Menschen, die sich einfach nicht als die geistlichen Überflieger sehen. Die keine Billy Grahams, Rick Warrens oder Johannes Hartls sind. “Kleine Lichter”, wie wir manchmal etwas abschätzig sagen.
Warum soll so jemand glücklich gepriesen werden? Jesus sagt: „denn ihnen gehört das Himmelreich“. Sie mögen auf dieser Welt arm sein. Aber in Gottes Reich haben sie alles. Es gehört ihnen, sagt Jesus. Und in der Tat: Jesus stellt damit alles auf den Kopf, was in dieser Welt gilt. Niemand kann sich das Reich Gottes verdienen durch geistige oder geistliche Leistung. Und niemand braucht es zu tun. Wie befreiend ist das! Gottes Reich ist nicht der Ort, an dem die strahlen, die auch hier auf dieser Welt strahlen, an dem die herrschen, die auch hier herrschen. Gottes Reich ist der Ort, an dem nur Menschen sind, die durch Gottes Gnade dort sind. Unverdient.
Und genau das ist befreiend. Und deshalb ist derjenige glücklich zu nennen, der sich seiner Armut vor Gott bewusst ist und der gleichzeitig weiß, dass Gott ihn aus Gnade angenommen und gerettet hat. Das gilt dann übrigens auch für diejenigen, die auf dieser Welt nicht arm sind. Die geistig und geistlich durchaus etwas aufzuweisen haben. Auch ihnen gehört das Himmelreich nur dann, wenn sie sich ganz auf Gott und seine Gnade verlassen. Wenn sie wissen, dass ihre Leistung und ihr Können vor Gott nichts gelten und sie sich deshalb Gottes Reich schenken lassen.
Jesus stellt also auf den Kopf, was auf dieser Welt gilt. Nicht unsere Leistung – ob intellektuell oder geistlich – zählt vor Gott, sondern nur seine Gnade. Gerade die Benachteiligten sind glücklich zu nennen.
Das gilt auch von denen, die “trauern”:
Matthäus 5,4 (NGÜ NT+PS)
Glücklich zu preisen sind die, die trauern; denn sie werden getröstet werden.
Andere übersetzen statt “trauern”, “Leid tragen”. Auch hier könnte man fragen, warum ausgerechnet die glücklich gepriesen werden sollen, die trauern oder leiden. Ist das nicht ein Widerspruch in sich? Aber Jesus erklärt, warum sie dennoch glücklich zu preisen sind: “denn sie werden getröstet werden”.
Mit Menschen, die trauern und weinen, will man ja normalerweise möglichst wenig zu tun haben. Sie zählen nicht zu den Gewinnern, sind nicht stark und mutig, verbreiten keine gute Laune. Aber in Gottes Reich ist das anders. Menschen, die zu Gott gehören, dürfen wissen, dass Gott selbst mit ihnen leidet, wenn sie leiden. Dass er mit ihnen trauert, wenn sie trauern. Und dass Gott einmal “alle ihre Tränen abwischen wird”. Sie werden getröstet werden - das bedeutet nicht, dass es ihnen schon bald wieder besser gehen wird. Dass ihr Leid irgendwann einmal nicht mehr so schlimm sein wird. Es kann sein, dass diese Trauer und dieses Leid während unsere ganzen Lebens nicht wirklich weggeht. Aber am Ende unseres Lebens steht Gott und wischt alle unseren Tränen fort.
Das ist keine Vertröstung auf das Jenseits. Nein, hier geht es um echten Trost! Mitten in meinem Leid und meiner Trauer darf ich wissen, dass Gott mich nie allein lassen wird. Und dass er am Ende mit seinen liebenden Armen vor mir stehen und meine Tränen abwischen wird. Vom Ende her betrachtet, von Gottes ewigem Reich her, ist die Trauer nicht das Letzte, sondern der Trost, den nur Gott selbst geben kann.
Sollen wir uns nun danach sehnen, traurig zu sein? Ich glaube nicht, dass das der Sinn der Aussage von Jesus ist. Er will ja nicht sagen, dass Menschen, die nicht trauern, nicht glücklich genannt werden können. Und er will auch nicht die Trauernden auffordern, jetzt plötzlich glücklich zu sein. Hier ist wichtig, dass es nicht heißt “Glücklich sind”, sondern “Glücklich zu preisen sind”. Es geht darum, die Dinge dieser Welt und auch ihre Probleme aus einer anderen Warte sehen zu lernen - aus der Warte Gottes. Denn auch im Blick auf Leid und Trauer werden die Maßstäbe dieser Welt in Gottes Reich auf den Kopf gestellt. Gott selbst wird trösten. Das ist größer als alle Trauer. Und deshalb können auch diejenigen glücklich gepriesen werden, die jetzt trauern.
Das gilt auch von der dritten Gruppe derer, die in dieser Welt benachteiligt sind:
Matthäus 5,10 (NGÜ NT+PS)
Glücklich zu preisen sind die, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Verfolgung - das wünscht sich sicher niemand. Auch nicht, wenn man um der Gerechtigkeit willen verfolgt wird. Was ist hier eigentlich mit “Gerechtigkeit” gemeint. Man könnte das ja schnell im politischen Sinn verstehen. Ich glaube, dass das hier vom Alten Testament her geprägt ist. Da wird unter “Gerechtigkeit” ein Leben verstanden, das sich an Gottes Normen ausrichtet. Gerechtigkeit ist ein Beziehungswort. Man ist nicht dadurch gerecht, dass man alles richtig macht, sondern dadurch, dass man richtig lebt. Es ist, wie ein Ausleger schreibt, “das mit Gottes Willen übereinstimmende Verhalten” eines Menschen.
Vielleicht könnten wir es etwas einfacher so sagen: “Glücklich zu preisen sind die, die verfolgt werden, weil sie so leben, wie Gott es will, weil sie sich an Gottes Wort ausrichten.
Wenn wir das so verstehen, wird auch deutlich, warum diesen Menschen “das Himmelreich” gehört. Das “gehören” ist hier nicht in dem Sinn gemeint, dass sie es besitzen. Denn es geht ja um das Reich Gottes. Man könnte es so umschreiben: “sie sind wahre Bürger des Himmelreiches, sie gehören wirklich hinein”. Auch hier, wie schon bei den Trauernden, lenkt Jesus unseren Blick auf das Ende. Wirklich glücklich kann nur der genannt werden, der am Ende glücklich ist, weil er auf Gottes Seite steht. Der ein Bürger des Reiches Gottes ist.
Das war also die erste Gruppe von Seligpreisungen: Glücklich zu preisen sind die, die auf dieser Welt benachteiligt sind. Die zweite Gruppe habe ich überschrieben mit:
3. Glücklich zu preisen sind die, die den unteren Weg gehen
3. Glücklich zu preisen sind die, die den unteren Weg gehen
Matthäus 5,5 (NGÜ NT+PS)
Glücklich zu preisen sind die Sanftmütigen; denn sie werden die Erde als Besitz erhalten.
Vor einigen Jahren war ich zu Besuch bei einem Ehepaar im Schwarzwald. Sie hatten ein kleines Reihenhäuschen mit einem winzigen Garten dahinter. Wir standen am Fenster und schauten auf den gründen Flecken hinter dem Haus. Der Mann, der - wie ich ja auch - hin und wieder mit cholerischen Ausbrüchen zu kämpfen hatte, sagte zu mir: “Die Erde ist den Sanftmütigen als Besitz versprochen. Deshalb habe ich nur ein sehr kleines Stück davon bekommen.”
Was ist das eigentlich, “sanftmütig”? Jesus scheint hier Psalm 37,11 zu zitieren
Psalm 37,11 (REB)
Aber die Sanftmütigen werden das Land besitzen und werden ihre Lust haben an Fülle von Heil.
Luther hat hier mit “die Elenden” übersetzt, aber das hebräische Wort kann auch sanftmütig meinen. In der griechischen Übersetzung von Ps. 37,11 wird das gleiche Wort benutzt, das auch Jesus hier verwendet. Sanftmütig und demütig, diese beiden Worte gehören eng zusammen. Jesus selbst sagt von sich:
Matthäus 11,29 (LUT84)
Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
Gemeint sind diejenigen, die nicht mit starken Worten, militärischer Macht oder finanziellem Reichtung auftreten, sondern die bereit sind, den unteren Weg zu gehen. Menschen, die dienen. So wie Jesus, der die Menschen einlädt, bei ihm Ruhe zu finden für ihre Seelen. Diese Menschen, so Jesus, werden “die Erde als Besitz erhalten”.
Wer besitzt die Erde? Wem gehört das Land? Den Mächtigen und Reichen, den Starken und militärisch Aufgerüsteten. Wir sehen das ja gerade in der Ukraine, wo ein mächtiger Staatsmann sich ein anderes Land aneignen will.
Und Jesus? Er kam um zu dienen. Er wusch seinen Jüngern die Füße und starb für uns am Kreuz. Und er gab uns damit ein Vorbild, an dem wir uns orientieren sollen. Denn am Ende werden diejenigen das Land besitzen, die sich von ihm und seiner Sanftmut prägen lassen. Deshalb sagt Jesus:
Der Größte unter euch soll euer Diener sein.
Das gilt auch für die zweite Gruppe von Menschen, die den unteren Weg gehen: die Barmherzigen:
Matthäus 5,7 (NGÜ NT+PS)
Glücklich zu preisen sind die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Was ist das eigentlich, “Barmherzigkeit”. Heißt das, dass man einem Obdachlosen einen Euro gibt, dass man Menschen, die auf der Flucht sind, aufnimmt, dass man Waisen in einem Kinderheim in Argentinien oder sonswo unterstützt? Alles das kann damit gemeint sein. Und noch viel mehr. Denn eigentlich ist damit nicht ein Tun gemeint, sondern eine Einstellung. Es ist die Einstellung eines Menschen, der mit der Armut eines anderen mitleidet. Der ein Herz hat für die Armut des Anderen.
Barmherzig ist also nicht der, der einem Obdachlosen einen Euro gibt oder Menschen auf der Flucht aufnimmt, sondern der, der das tut, weil er mit diesen Menschen mitleidet. Diese Barmherzigkeit meint Jesus hier. Und sie gilt auch z.B. dann, wenn ein anderer in der Gemeinde Fehler macht, wenn er nicht so lebt, wie er das sollte. Rege ich mich dann darüber auf oder leide ich mit ihm unter seiner Schwachheit?
Eigentlich müssen wir uns nur Gott selbst anschauen. Er ist nämlich barmherzig. Er hat ein Herz für unsere Armut und Schwachheit. So sehr, dass er seinen eigenen Sohn für uns ans Kreuz gehen ließ. Diese Gesinnung ist es, die hier gemeint ist. Menschen, die so barmherzig sind, wie Gott barmherzig ist. Sie werden, sagt Jesus, auch selbst immer wieder Erbarmen finden. Wer sich an Gottes Barmherzigkeit orientiert und es immer besser lernen will, so barmherzig zu sein, wie Jesus barmherzig ist, der ist glücklich zu nennen.
Damit sind wir bei dem letzten Gedanken:
4. Glücklich zu preisen sind die, die nach Gottes Willen leben
4. Glücklich zu preisen sind die, die nach Gottes Willen leben
Eigentlich ist das etwas, was auch für alle anderen Seligpreisungen gilt. Glücklich sind wir immer nur dann, wenn wir uns an Gott und seinem Willen orientieren. Denn es geht ja darum, wie wir als Bürger des Reiches Gottes leben sollen. Solche Menschen “hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit”, wie Jesus in V.6 sagt. Sie haben “ein reines Herz” (V.8), sie “stiften Frieden” (V.9).
Man könnte jetzt zu jedem dieser Punkte eine Menge sagen. Aber ich will das heute nicht tun. Ihr könnt darüber ja vielleicht in den Kleingruppen besonders über diese drei Seligpreisungen nachdenken. Ich will stattdessen noch etwas näher auf die letzte Seligpreisung eingehen:
Matthäus 5,11–12 (NGÜ NT+PS)
Glücklich zu preisen seid ihr, wenn man euch um meinetwillen beschimpft und verfolgt und euch zu Unrecht die schlimmsten Dinge nachsagt. Freut euch und jubelt! Denn im Himmel wartet eine große Belohnung auf euch. Genauso hat man ja vor euch schon die Propheten verfolgt.«
Diese letzte Seligpreisung unterscheidet sich von den vorhergehenden durch zwei Dinge: 1. Jesus sagt nicht mehr “glücklich zu preisen sind die, die” sondern er wendet sich direkt an seine Jünger: “glücklich zu preisen seid ihr, wenn”. Und 2. ist dies die einzige Seligpreisung, die noch einmal ausführlich erläutert wird.
Man kann sagen, dass letztlich alles, was vorher gesagt wurde, in dieser letzten Seligpreisung enthalten ist. Jesus sagt hier seinen Jüngern, dass sie dann glücklich zu preisen sind, wenn sie um seinetwillen beschimpft und verfolgt werden. Das Entscheidende hierbei ist dieses “um meinetwillen”. Oder anders ausgedrückt: “weil ihr mir nachfolgt und euch an mir orientiert”. Es gibt manche Christen, die werden ausgelacht oder abgelehnt, weil sie “komische Heilige” sind. Wegen ihrer Art oder ihres seltsamen Verständnisses von Christsein.
Das ist hier nicht gemeint. Jesus sprich hier davon, dass seine Nachfolger deshalb abgelehnt werden, weil sie seine Nachfolger sind. Um seinetwillen. So, wie Jesus ja auch abgelehnt wurde. Darum sagt Jesus auch: “wenn man euch zu Unrecht die schlimmsten Dinge nachsagt”. Luther übersetzt: “wenn sie damit lügen”.
Verfolgung und Verleumdung um Jesu willen - das gibt es auf dieser Welt seit 2000 Jahren. Immer wieder haben Menschen versucht, die gute Botschaft von Jesus in Verruf zu bringen, indem sie seine Nachfolger in Verruf gebracht haben. Es gibt heute mehr Christenverfolgung als jemals zuvor. Das hat ja vor einigen Wochen auch Pastor Nitsch von Open Doors hier sehr deutlich gesagt.
Wenn das geschieht, sagt Jesus, sind wir glücklich zu preisen, denn wir reihen uns ein in eine ganz lange Reihe von Menschen, denen es genauso gegangen ist. “Genauso hat man ja vor euch schon die Propheten verfolgt.”
Auch diesmal stellt Jesus also alles auf den Kopf. Betrachtet die ganze Sache doch einmal vom Ende her. Was wird denn mit diesen Menschen geschehen, die euch jetzt verfolgen. Und was wird mit euch sein? Jesus sagt: “Freut euch und jubelt! Denn im Himmel wartet eine große Belohnung auf euch.”
In Gottes Reich ist also alles anders. Hier gelten nicht die Starken und Reichen, die Glücklichen und Mächtigen, die Sieger und Kämpfertypen. Das ist auf dieser Welt so. Aber nicht in Gottes Reich. Und Gottes Reich ist das, was zählt. Gottes Reich ist ewig, denn Gott ist ewig. Diese Welt wird ein Ende haben. Alle menschlichen Reiche sind irgendwann einmal untergegangen oder werden es irgendwann einmal tun. Am Ende aller Dinge steht Gottes Herrschaft, sein Königreich.
Diese Gewissheit sollte uns schon hier und heute bestimmen und prägen. Denn angesichts des ewigen Reiches Gottes sind die paar Jahre, die wir auf dieser Welt leben, letztlich nicht entscheidend. Wer weiß, dass er ewig leben wird und diese Ewigkeit an der Seite des lebendigen Gottes verbringen wird, der lebt anders. Der orientiert sich nicht mehr an den vergänglichen Wertvorstellungen unserer Zeit und Welt. Der fängt schon hier und heute an, Gottes ewige Werte zu verinnerlichen und sich daran auszurichten. Darum geht es in der Bergpredigt. Jesus zeigt uns hier das, was vor Gott gilt und was daher wirklich zählt.
Ich freue mich darauf, dass wir uns in diesen Wochen gemeinsam auf den Weg machen werden, um diese Maßstäbe Gottes neu zu entdecken und uns als Gemeinde daran auszurichten. Ach, und wenn ihr euch noch nicht für eine Kleingruppe angemeldet habt - noch ist Platz! Kommt einfach nach dem Gottesdienst auf uns zu oder meldet euch selbst online an.
Ich möchte zum Abschluss noch beten.