Glauben zwischen Umbruch und Aufbruch

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Wir befinden uns nicht im Exil, nicht in der Verbannung. Auch wenn es sich für manche von uns vielleicht so anfühlt. “Vertrieben” aus den gewohnten Räumlichkeiten, in denen einige von uns viele Erfahrungen machen durften, wie wir auch letzte Woche gehört haben. Und noch nicht zu 100% sicher, wie genau es weitergehen wird.
Wir erleben einen Umbruch als Gemeinde, genau so wie das Volk Juda einen Umbruch erlebt hat, als sie ins Exil nach Babylon geschickt wurden. Und vielleicht erleben manche von euch ganz persönlich einen Umbruch, in Sachen Familie, Arbeit oder in Freundschaften.
Wenn ich von Umbruch spreche, meine ich eine grundlegende Änderung im Leben, weg vom Alten hin zu etwas Neuem. Vielleicht ist etwas sogar in die Brüche gegangen und deshalb steht man in einer neuen Lebenssituation. Auch das Volk Juda hat solche Veränderungen durchgemacht und es waren sicher keine leichten. Sie waren wirklich im Exil, zumindest einige von ihnen wurden schon aus Jerusalem nach Babylon verschleppt und waren weg von ihrem Zuhause.
Und in genau diese Situation schreibt Jeremia, der auch als “weinender Prophet” bekannt ist, einen Brief an die Weggeführten. Ich glaube, dass auch wir als Gemeinde, aber auch jeder von uns persönlich von den Worten lernen kann, die Jeremia hier im Auftrag Gottes an die Weggeführten weitergibt.
Gott hat die Kontrolle
Nun sind einige Menschen aus Juda bereits weggeführt worden nach Babylon. Juda spürt die Macht Babylons im Nacken. Und in all dem kann doch die Frage aufkommen, ob Gott sie vergessen hat. Ob er nicht mehr der Gott “Israels” ist, als der er sich selbst bezeichnet.
Aber im Brief Jeremias wird von Anfang an deutlich: Nichts gerät bei Gott außer Kontrolle. Jeremia schreibt die Worte nieder von dem “Herrn der Heerscharen” und dem “Gott Israels”. Diese Titel haben Bedeutung. Wenn von Gott als dem Herrn der Heerscharen die Rede ist, wird ganz besonders die Allmacht Gottes betont. Gott ist nicht überrascht von dem Lauf der Welt. Außerdem wird deutlich, dass Gott immer noch an seiner besonderen Beziehung zu Israel festhält. Egal, wie oft Israel ihm den Rücken gekehrt hat, er bleibt trotzdem ihr Gott. Selbst wenn wir untreu sind, steht Gott treu zu uns. 4 Mal spricht Gott davon, dass er es war, der die Menschen aus Jerusalem nach Babel weggeführt hat. Es war kein Schicksal, kein blinder Zufall, nicht einmal der König der Babylonier Nebukadnezar war es. Nebukadnezar war nur Gottes Werkzeug, durch das er die Israeliten straft, aber auch den Weg ebnet hin zu einer erneuerten Beziehung. Gott ist es also, der die ganze Zeit die Kontrolle hat, über das, was im Leben des Volkes so abläuft.
2. Fühl dich wie Zuhause
Jetzt befinden sich die Menschen von Juda also im Exil. Sie können den Kopf hängen lassen und können daran verzweifeln. Sie können sagen, dass das alles nicht Gottes Plan sein kann und einfach darauf warten, bis sie endlich wieder zurück nach Jerusalem können. Und tatsächlich gibt es Propheten, die den Leuten sagen: “Wir werden nur für 2 Jahre hier sein, dann können wir wieder zurück!” Diese Propheten sagen nur, was die Leute hören wollen, aber ignorieren, was wirklich Gottes Plan ist. Die Botschaft in Jeremias Brief muss also wie ein Schlag ins Gesicht sein: 70 Jahre werdet ihr hier sein. Also macht es euch gemütlich und fühlt euch wie Zuhause. Sie werden dazu aufgefordert, ihrem normalen Alltag nachzugehen, zu pflanzen und zu ernten, zu heiraten und Kinder zu bekommen, Häuser zu bauen und darin zu leben. Nicht nur das, sie sollen das Beste aus der Situation machen, indem sie ihren Glauben aktiv auch dort im Exil leben. Selbst außerhalb von Jerusalem, dem geistlichen Zentrum, können und sollen sie Beziehung mit Gott leben. Sogar Nächstenliebe gegenüber den Babyloniern sollen sie zeigen, indem sie das Beste für die Stadt suchen und für sie beten.
Hier ist ein Foto, das letzten Sonntag entstanden ist. Diese Worte wurden im alten Kinderraum an die Wände geschrieben, ich weiß nicht genau, von wem. Aber ich finde sie sehr passend zu dem Bibeltext und auch zu unserer Situation als Gemeinde. Jeder Umbruch ist auch ein Aufbruch hin zu etwas Neuem. So wie für das Volk Juda das Exil in Babylon nicht das Ende für sie war, so ist auch der Auszug aus dem alten Gebäude nicht das Ende für die Gemeinde. Sogar hier in der Christlichen Schule, in der wir dankbarer Weise untergebracht sein dürfen, können und sollen wir immer noch Gemeinde leben und ein Segen sein.
3. Setz deinen Anker fest
Jeremia endet nicht einfach damit, dass er sagt: Macht das Beste aus eurer prekären Lage! Das wäre etwas unsensibel. Genauso falsch wäre es, wenn ich euch sagen würde: Mach das Beste aus deiner Lage! Ich weiß nicht, in welcher Not du dich vielleicht momentan sogar befindest.
Gott sagt seinem Volk zu, dass er gute Gedanken über sie hat und er ihnen eine Zukunft und Hoffnung geben will. Mit diesem Vers hier in Jeremia 29,11 haben wir einen Vers, den bestimmt viele von euch kennen. Dieser Umbruch, den sie gerade in ihrem Leben erleben, wird nicht der letzte in ihrem Leben sein. Sie werden nicht für immer im Exil in Babylon verweilen. Ja, sie können auch dort aktiv werden und weiter ihr Leben leben, aber Gott hat sogar noch Besseres mit ihnen vor. Er wird sie zurück nach Jerusalem bringen, dem Ort, von dem sie vertrieben wurden. 4 Mal sagt Gott in dem Text, dass er derjenige war, der diese Menschen aus Juda nach Babylon weggeführt hat, etwas, das erstmal nicht besonders angenehm ist. Aber noch öfter betont er hier, was er in Zukunft noch mit ihnen vor hat. Gott ist ein Gott der Zusagen. Und er steht zu seinen Zusagen. Denn tatsächlich führt er Jahrzehnte später die weggeführten Judäer in ihr Land zurück.
Ich kann euch nicht sagen, wie Gottes Plan für euch aussieht. Und manchmal scheinen die dunklen Täler sogar zu überwiegen. Aber Gott sagt auch uns zu, dass er eine Hoffnung für uns bereithält.
Ich will den ganzen Bibeltext mal praktischer für uns machen. Wie können uns diese alten Worte in unseren Umbrüchen des Lebens eine Hilfe sein?
Gott sagt den Weggeführten aus Juda zu, dass er ihnen Hoffnung geben will. Im Neuen Testament wird die Hoffnung mit einem Anker verglichen. In Hebräer 6,19 können wir lesen:

19 Diese Hoffnung ist für uns ein sicherer und fester Anker, der hineinreicht in den himmlischen Tempel, bis ins Allerheiligste hinter dem Vorhang. 20 Dorthin ist uns Jesus vorausgegangen. Er ist unser Hoherpriester für alle Zeiten – wie es Melchisedek war.

Hier ist die Rede von dieser Hoffnung, die Jesus ermöglicht hat. Dadurch, dass er diesen Schritt gegangen ist, für uns zu sterben und uns den Weg zu Gott zu ermöglichen, haben wir eine Hoffnung, die uns wie ein Anker in unserem Leben Halt geben kann. Wir können in Gottes Gegenwart sein. Und die Hoffnung, die wir haben, geht über den Tod hinaus.
Für Zeiten der Umbrüche und Veränderungen möchte ich euch gerne eine Erinnerungshilfe mitgeben. Wie kann mein Glaube zwischen Umbruch und Aufbruch denn jetzt aussehen? Dabei will ich mir den Anker zu Hilfe nehmen.
A - An Vergangenes denken
Ein erster Schritt kann sein, uns an Vergangenes zu erinnern. Das ist es, was wir letzte Woche tun konnten. Wir konnten daran zurückdenken, was Gott in den alten Räumlichkeiten schon alles bewirkt hat. Warum sollte ein Ortswechsel ihn daran hindern zu wirken? Zwar lesen wir das in diesem Bibeltext in Jeremia nicht, aber das Alte Testament strotzt davon, dass das Volk Israel daran erinnert wird, wie Gott schon an ihnen gehandelt hat. Zurückzublicken auf das, was Gott in unserem Leben schon getan hat, hilft uns, Mut zu schöpfen für die Zukunft.
N - Navi ausrichten
Die Judäer hatten die Möglichkeit, auf Jeremia zu hören, der Gottes Worte an sie mitteilte, oder auf die Propheten, die ihnen nur sagten, was sie hören wollten. Auch wir stehen in der Spannung, zu entscheiden, welchen Stimmen wir Gehör geben. Meine Ermutigung ist, unser Navi auf Gott hin auszurichten und auf das zu hören, was er zu sagen hat. Zeiten der Umbrüche können die Gefahr birgen, soviel an unseren Gedanken einzunehmen, dass wir Gott in dem Ganzen völlig verdrängen. Dabei sollten diese Zeiten umso mehr davon geprägt sein, dass wir mit Gott ins Gespräch gehen, ihm unsere Anliegen bringen und in seinem wunderbaren Wort lesen.
K - Kontrolle abgeben
Ob es Umstände sind, die uns in eine Situation gebracht haben, der wir uns nicht gewachsen fühlen, oder wir uns durch unsere eigene Sünde verrannt haben, so wie bei dem Volk Juda. Wir haben schon gehört: Gott hat die Kontrolle. Ihn überrascht nichts. Gott hat die Kontrolle über die Gemeindesituation und die Gebäudefrage. Aber auch da wo ich mich persönlich diese Woche wirklich in Sünde verrannt habe, ist Gott nicht machtlos. Auch wenn ich mich die letzten Tage ehrlich gesagt so gefühlt habe, keine Kontrolle zu haben, weiß ich, dass nichts bei Gott außer Kontrolle geraten ist.
Lass dir das auf der Zunge zergehen: Gott hat die Kontrolle. Nicht als ein Kontrollsüchtiger, bei dem wir keine freien Entscheidungen treffen könnten, aber als jemand, der mit unseren Umständen und unseren Verfehlungen umgehen und sie zum Besten nutzen kann.
E - Engagement zeigen
Selbst in Phasen, in denen du gar nicht weißt, was überhaupt der Plan dahinter sein soll, fordert Gott uns auf, Engagement zu zeigen. Aktiv unserem Alltag nachzugehen und unseren Glauben zu leben, so wie das Volk Juda im Exil es machen soll. Und vielleicht wartest du darauf, dass die Zeiten sich ändern. Ich habe in einer Predigt den Satz gehört “Waiting seasons are not wasting seasons”. Zeiten des Wartens sind keine verschwendeten Zeiten. Oder sollten sie zumindest nicht sein. Denn auch dort will Gott uns gebrauchen, da wo du gerade bist. Gott will dich dich gebrauchen, ob du gerade denkst, brauchbar zu sein oder nicht. Er lässt sich nicht durch unsere Umstände begrenzen oder durch das, wie brauchbar wir uns selbst fühlen.
R - Rettung erwarten
Eben weil Umbrüche oft trotzdem eine Komponente des Wartens haben, sind sie nicht einfach zu tragen. Und wie vorher ausgedrückt, kann es bei dir ganz persönlich gerade eine konkrete Not sein, die man nicht einfach kleinreden kann und sollte. Jesus bietet diese Hoffnung, die über den Tod hinausgeht, an. Sie kann ein Anker in unserem Leben sein, an dem wir uns festhalten können. Und so gilt für uns, was Gott auch schon dem Volk Juda im Exil zugesagt hatte und dann hat wahr werden lassen:

12 Ruft ihr mich an, geht ihr hin und betet zu mir, dann werde ich auf euch hören. 13 Und sucht ihr mich, so werdet ihr ⟨mich⟩ finden, ja, fragt ihr mit eurem ganzen Herzen nach mir, 14 so werde ich mich von euch finden lassen*, spricht der HERR.

Wir werden heute Abendmahl feiern, und auch da werden wir an denjenigen denken, der uns vorausgegangen ist, in Gottes Gegenwart.
Es gibt bedingungslose Liebe, Die alles trägt und nie vergeht Und unerschütterliche Hoffnung, Die jeden Test der Zeit besteht. Es gibt ein Licht, das uns den Weg weist, Auch wenn wir jetzt nicht alles sehn. Es gibt Gewissheit unsres Glaubens, Auch wenn wir manches nicht verstehn. Es gibt Versöhnung selbst für Feinde, Und echten Frieden nach dem Streit, Vergebung für die schlimmsten Sünden, Ein neuer Anfang jederzeit. Es gibt ein ewges Reich des Friedens. In unsrer Mitte lebt es schon: Ein Stück vom Himmel hier auf Erden, In Jesus Christus, Gottes Sohn. Er ist das Zentrum der Geschichte, Er ist der Anker in der Zeit. Er ist der Ursprung allen Lebens, Und unser Ziel in Ewigkeit.
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