Abgeben und Loslassen

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Abgeben und Loslassen

Liebe Gemeinde,
ich habe mit der Ordnung manchmal mein Problem. Dass ich noch so viele Dinge aufhebe, mit der Meinung, dass ich diese noch irgendwann einmal benötige. So sammelt sich langsam immer mehr an und man verliert die Übersicht. Dann kommt der Rundumschlag und man wirft vieles weg. Vielleicht dann wieder zu viel?
Daher schaue ich schon ab und an mal ein paar Beratungstipps bezüglich des Ordnungshalten an. Ob das etwas nützt?
Wenn man diese befolgen würde, sind sie gnadenlos, mit Entrümpeln ist man beim Abgeben. Sie sagen: man sollte lieber mehr entsorgen als behalten. Das würde befreien, ja sogar reich machen.
Um ein Abgeben und Loslassen geht es heute in der biblischen Geschichte aus Markus 12 und wie ein Mensch dadurch reich wird:
Mark 12:41–44 BB
41 Dann setzte Jesus sich in die Nähe des Opferkastens. Dort beobachtete er, wie die Leute Geld hineinwarfen. Viele wohlhabende Leute gaben viel hinein. 42 Da kam auch eine arme Witwe. Sie warf zwei kleine Kupfermünzen hinein – das entspricht der kleinsten römischen Münze. 43 Jesus rief seine Jünger herbei und sagte zu ihnen: »Amen, das sage ich euch: Diese arme Witwe hat mehr gegeben als alle anderen, die etwas in den Opferkasten geworfen haben. 44 Denn alle anderen haben nur etwas von ihrem Überfluss abgegeben. Aber diese Witwe hat alles hergegeben, was sie selbst zum Leben hat – obwohl sie doch arm ist.«
„Und immer wieder heißt es Abschied nehmen, und immer wieder heißt es loslassen", ist das nicht ein geflügeltes Wort, welches wir oft schon gehört haben? Doch was ist damit gemeint?
Klar müssen wir in unserem Leben immer wieder etwas loslassen. Menschen und Dinge! Da sind nicht nur Menschen und Dinge, die wir gern loslassen, sondern vieles, was wir gar nicht loslassen wollen.
Da bekomme ich auf einmal weniger Gehalt für die gleiche Arbeit. Und ich muss mir um weiter Leben zu können eine neue Arbeit suchen? Oder ich verliere meine Arbeitsstelle, wo bisher mein Herzblut geflossen ist, wo ich ein großes Stück meiner Lebenszeit geopfert habe. Jetzt muss ich sie aufgeben. Wer hat nicht so etwas erlebt? Das Leben da kann manchmal richtig hart sein. Das kann weh tun, ärgerlich oder wütend machen.
Da müssen wir einen geliebten Menschen loslassen, der bisher zu unserem Leben gehört. Das muss nicht unbedingt durch den Tod geschehen. Oft geschieht das auch durch die räumliche Trennung wegen dem Beruf oder andere Lebensumstände. Dank moderner Kommunikationsmedien kann man letzteres etwas abmildern. Aber es tut dennoch weh.
Wir können das Leben nicht aufhalten - und auch den Tod nicht. Es dauert seine Zeit, bis wir damit umgehen können. Denn Loslassen tut weh!
Anders loslassen
Und nun begegnet Jesus hier im Tempel in Jerusalem einer Frau, die auf eine ganz andere Art und Weise losgelassen hat. Es ist eine Witwe, die mehr schlecht als recht durchs Leben kommt. Ihre Witwenkleidung hat sie verraten und durch ihren Witwenstand ist sie damals nicht abgesichert. Es gab keine Rente, wie es diese heute gibt. Die Frau lebte vielleicht sogar von den Almosen des Tempels. So hat sich die Frau zum Tempel aufgemacht. Sie legt in den Opferkasten, der in der Schatzkammer des Tempels steht, alles das, was sie noch an Geld hat. Es war ein kleiner Betrag. Heute würde man vielleicht sagen 10 Cent. Damals hätte sie davon noch ein bis 2 Tage leben können. Aber sie hatte alles gegeben, was sie hatte. Jetzt wusste sie nicht mehr, wie sie morgen würde leben können.
Andere Leute vor ihr hatten bedeutend mehr in den Opferkasten gelegt. Viel, viel mehr. Doch diese waren reich. Sie wussten auch, dass sie morgen und auch übermorgen und selbst in einer Woche noch satt werden und genügend zu essen haben. Wenn sie abgeben, dann geben sie von ihrem Überfluss. Doch die Witwe stand jetzt vor dem Nichts.
Was hat diese Frau bewegt, das zu tun? Warum hat sie alles hingegeben? Hätte sie nicht wenigstens eins der beiden Geldstücke behalten sollen?
Und überhaupt, warum ist diese Begebenheit so wichtig, dass Jesus damals seine Jünger auf die Witwe und ihr Opfer hinweist: „Diese arme Witwe hat mehr in den Opferkasten gelegt als alle anderen. Sie alle haben von ihrem Überfluss gegeben; diese Frau aber, so arm sie ist, hat alles gegeben, was sie besaß.“
Sonst erfahren wir in der Bibel nichts weiter von dieser Witwe. Doch wir können sicher sein. Irgendwann und irgendwie hat sie gemerkt, dass sie einer Kraft vertrauen kann, die größer ist als sie selbst und alle Kräfte in dieser Welt. Wie immer es gewesen sein mag, ob sie es plötzlich erfahren hat oder ganz allmählich im Laufe der Zeit. Ihr Glaube an die Kraft der göttlichen Liebe und Fürsorge ist gewachsen, dass sie sich ganz und gar in seine Hand gibt. Sie kann alles loslassen, was sie besitzt, und auf Gott vertrauen. Sie kann den nächsten Tag Gottes Sache sein lassen. Sie kann ihn Gott anvertrauen und auf seine Fürsorge hoffen.
Vertrauen wagen um der Liebe willen
Wer so auf Gott vertraut, der handelt manchmal ungewöhnlich. Nicht immer wird er oder sie verstanden, manchmal wird man dabei sogar belächelt oder gar für verrückt erklärt. Ich kenne einige Christen, die auf Grund ihres Glaubens, Dinge getan haben oder auch gesagt haben, wofür sie belächelt und manchmal auch verspottet wurden. Aber ich habe es dann so oft erlebt, dass mir später gesagt wurde ins geheim hat man sie bewundert, weil sie für ihre Sache eingetreten sind und auf Gott vertraut haben. Und es ist wahr: Wer so vertraut, entwickelt ein anderes Verhältnis zu Geld und Gütern. Es ist durchaus gut, wenn die, die viel haben, den Armen etwas geben aus ihrem Überfluss. Er wird auf jeden Fall nicht ärmer dabei.
Und das ist noch nicht einmal mehr ein allein christlicher Grundsatz, sondern fast ein allgemein gültiger menschlicher Grundsatz: „Abgeben macht reich.“ Nur wer abgeben kann, ist wirklich reich! Es gibt arme Menschen, die sind reich, weil sie abgeben können und es gibt reiche Menschen, die sind arm, weil sie nicht loslassen können, sondern alles behalten. In der Wirtschaft nennt man das letztere das Dagobert-Prinzip. Es ist das Anhäufen von Unsummen von Geld.
Es ist gut, wenn wir mit anderen teilen können, wenn wir geben können, ohne ängstlich darauf zu achten, dass wir abgesichert sind, wenn wir ohne Schmerz, aus Liebe zum Leben und zu Gott loslassen. Menschen, die der göttlichen Liebe vertrauen, gelingt das besten.
Am deutlichsten wird uns das gegenüber den Menschen, die wir selber lieben. Da sind wir der göttlichen Liebe nahe. Eltern würden ihr ganzes Habe verkaufen, ihr ganzes Geld weggeben, um ihr Kind zu retten. Stellt euch vor, die Gesundheit eines Kindes kann nur durch eine spezielle teure Behandlungsmethode gerettet werden, die aber keine Krankenkasse übernimmt. Wozu sind da Eltern nicht alles bereit zu tun?
Wenn man einen anderen Menschen sehr liebt, ist man bereit, alles Habe und Geld loszulassen, damit der andere gerettet werden kann. Da kann man ohne Schmerz loslassen.
... und der Himmel öffnet sich
So gehen Menschen Schritte über sich selbst hinaus. Sie gehen über das hinaus, was im Alltag Sicherheit gibt und Versorgung gewährt. Diese Schritte bleiben immer ein Wagnis. Doch es lohnt sich, so sehr auf Gott zu vertrauen. Dann können wir erleben, wie sich der Himmel öffnet und Gottes Segen fließt. Denn Menschen, die so vertrauen, die diesen Schritt wagen, sind dem Herzen Gottes sehr nahe. Für die Menschen schlug auch damals das Herz des Jesus von Nazareth. Ja, sein Herz schlägt auch heute für sie. Wie sagt er es selber in der Bergpredigt: „Glücklich zu preisen sind die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.“ Jesus sieht damals in das Herz der armen Witwe. Er sieht, wie sie den Schritt über sich selbst hinaus macht.
Und auch heute gibt es, Menschen, die im Vertrauen Schrit­te über sich selbst hinauswagen. Egal ob es kleine Schritte oder gro­ße Schritte sind. Das ist nicht entscheidend. Im Vertrauen auf Gott! Sie alle erleben, wie sich der Himmel öffnet.
Ein Beispiel ist die Telefonseelsorge. Um Menschen zu helfen, ist mancher bereit Dienst in der Telefonseelsorge zu tun. Wie dankbar ist mancher für das anonyme Gespräch. Und die, die diesen Dienst tun, geben ab. Mindestens von ihrer Zeit.
Andere engagieren sich in ihren Gemeinden, in der Arbeit mit Kindern, in der Kirchenmusik, in der Diakonie, in der Gemeindeleitung. Menschen die bereit sind abzugeben und Schritte über sich selbst zu wagen und auf Gott zu vertrauen. Es muss im Leben mehr als das geben, was wir für vernünftig und kalkulierbar halten. Dieses Mehr können wir nur erfahren, wenn wir diese kleinen und großen Schritte über uns selbst hinauswagen.
Jesus selbst hat diese Schritte getan, viele kleine und große immer wieder über sich selbst hinaus, immer wieder im Vertrauen darauf, dass Gott, der Vater da ist. Dass Gott weiterführt, weiter über Angst und Leid, über Krankheit und Tod hinaus. Jesus ist seinen Weg konsequent gegangen. Der größte Schritt, den Jesus über sich selbst hinaustat, war, die Liebe durchzuhalten bis zum unge­rechten Verbrechertod am Kreuz. Er tat es für uns – ganz allein für uns, weil er uns liebt.
Kleine und große Schritte über sich selbst hinaus ...
Es gibt im Leben mehr als das, was wir für vernünftig und kalkulierbar halten.
Darum lasst uns immer wieder erinnert werden, Schritte über uns hinaus zu tun, im Vertrauen auf Gott, auf seine Liebe und auf seine Führung. Lasst uns heute lernen, auch im Kleinen loszulassen. Dann können wir Glauben und Vertrauen gewinnen.
Amen.
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