Predigt (unbenannt)

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Rechtfertigung aus Glauben

Liebe Gemeinde,
Haste was, dann biste was“, so hat Friedrich Schiller in einem Gedicht beschrieben, wie die Menschen bewertet werden in dieser Welt. Es zählt der Reichtum, es zählt der Erfolg und die Leistung des Menschen. So wie in einem Werbespot aus dem 90er Jahren gesagt wurde “„Mein Haus, mein Auto, mein Boot!“ - Als ob daran der Wert eines Menschen gemessen werden könnte.
In der Schule und in der Arbeitswelt ist die Leistung auch sehr wichtig. Da ist ein gewisser Lesitungsdruck auch nötig. Für manche Menschen mag der Lesitungsdruck zu hoch sein, andere fühlen sich unterfordert.
Unser Leben ist vom Leistungsprinzip geprägt.
Daher denken viele Menschen, in der Kirche sei das genauso. In den Himmel kommt man, wenn man nichts Böses getan hat, immer anständig war und auch ein paar gute Werke vorzuweisen hat. Oder wenn man die moralischen Gesetze der Kirche eingehalten hat.
Aber bei Gott ist das anders. - Dazu hat der Apostel Paulus in seinem Brief an die Christen in Galatien etwas geschrieben.
Auslöser für diesen Brief waren schlechte Nachrichten aus Galatien. Paulus traute seinen Ohren nicht: Da waren Leute gekommen, die den Galatern weismachen wollten, sie müssten bestimmte jüdische Gesetze halten, um selig zu werden. Dabei waren die Galater nicht einmal geborene Juden, sondern Heiden. Viele Gemeinde­glieder waren im Begriff, diesen Menschen Glauben zu schenken. Es ist ja auch viel leichter zu glauben, dass man sich bei Gott mit Leistung was verdienen kann, als dass er frei, umsonst und ohne Hinter­gedanken schenkt. Paulus muss ziemlich entsetzt gewesen sein, als er diese Nachricht erhielt, hatte er doch damals seinen ganzen Eifer darauf verwendet, den Galatern das Evangelium von Jesus Christus vor Augen zu malen. So hatte er diese Gemeinde aufgebaut. Er war nicht müde geworden, die Freiheit vom Leistungs­druck zu ver­kündigen, den die Galater aus der Zeit des Götzen­dienstes sehr wohl kannten. Er war nicht müde geworden zu betonen: Nicht durch Gesetzes­werke, sondern durch den Glauben an Jesus werdet ihr selig! Hatten sie das nicht kapiert, oder hatten sie es schon vergessen?
Der Galaterbrief Kapitel 2, Vers 16-21 ist heute unser Predigttext. Ich lese ihn nach der Übersetzung der Basisbibel:

Kein Mensch gilt vor Gott als gerecht,

weil er das Gesetz befolgt.

Als gerecht gilt man nur,

wenn man an Jesus Christus glaubt.

Deshalb kamen auch wir zum Glauben an Jesus Christus.

Denn durch diesen Glauben an Christus

werden wir vor Gott als gerecht gelten –

und nicht, weil wir tun,

was das Gesetz vorschreibt.

Schließlich spricht Gott keinen Menschen

von seiner Schuld frei,

weil er das Gesetz befolgt.

17 Nun wollen wir ja durch Christus

vor Gott als gerecht gelten.

Wenn sich nun aber zeigt,

dass wir trotzdem mit Schuld beladen sind –

was bedeutet das dann?

Etwa, dass Christus die Schuld auch noch fördert?

Auf gar keinen Fall!

18 Wenn ich nämlich das Gesetz wieder einführe,

das ich vorher abgeschafft habe,

dann heißt das:

Ich selbst stelle mich als jemand hin,

der es übertritt.

19 Das Gesetz hat mir den Tod gebracht.

Deshalb gelte ich für das Gesetz als gestorben,

damit ich für Gott leben kann.

Mit Christus zusammen wurde ich gekreuzigt.

20 Deshalb lebe ich eigentlich nicht mehr selbst –

sondern Christus lebt in mir.

Mein jetziges Leben in diesem Körper

lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes.

Er hat mir seine Liebe geschenkt

und sein Leben für mich hergegeben.

21 Ich weise die Gnade nicht zurück,

die Gott uns erweist.

Denn wenn wir durch das Gesetz

vor Gott als gerecht gelten,

dann ist Christus ohne Grund gestorben.

Was wissen wir über diesen Galaterbrief?
Tatsächlich sind sich alle Theologen einig, dass der Brief wirklich von dem Apostel Paulus geschrieben wurde.
Klar ist auch dass der Brief nach dem Apostelkonzil im Jahr 48 geschrieben wurde. In diesem Apostelkonzil war Paulus erlaubt worden, christliche Gemeinden zu gründen, ohne von den Heidenchristen zu verlangen, dass sie die jüdischen Gesetze wie zum Beispiel die Beschneidung einhalten müssten.
Der Galaterbrief ist also vielleicht schon bald nach diesem Apostelkonzil während der zweiten Missionsreise des Paulus geschrieben worden Ende des Jahres 48. Andere Theologen meinen, er sei erst Mitte der 50er Jahre geschrieben worden.
Mit den Gemeinden in Galatien sind vermutlich christliche Gemeinden an der Westküste der heutigen Türkei gemeint.
Am Anfang der zweiten Missionsreise hatte Paulus die Gemeinden dort besucht und ihnen die Beschlüsse der Apostelkonzils vorgestellt und erläutert. Aber nun waren doch wieder Leute gekommen, die behaupteten, ein Christ müsse alle jüdischen Gebote und Gesetze einhalten.
Paulus hat dann nicht in diplomatischer Weise gesagt, das können die einen so machen und die anderen so, sondern er hat deutlich Nein! gesagt.
Für ihn war es klar: entweder man versucht durch das Einhalten der Gesetze in den Himmel zu kommen oder nur durch den Glauben an Jesus Christus. Ihm war aber auch klar, dass kein Mensch (außer Jesus selber) so vollkommen ist, alle Gesetze einhalten zu können. Darum sollte man gar nicht wieder anfangen, es zu versuchen. Zum einen, weil man es ja doch nicht schaffen kann und zum anderen, weil dadurch das Evangelium von der Gnade in Jesus verleugnet wird.
Zum Inhalt des Evangeliums gehört die Vergebung der Schuld, die der Mensch nicht durch fromme Werke abarbeiten muss, sondern die ihm durch Jesus und sein Leiden am Kreuz geschenkt wird, allein aus Glauben und allein aus Gnaden, wie es auch die Reformatoren betont haben.
Der zentrale Inhalt des Evangeliums ist die Person Jesus Christus selber. An Jesus zu glauben, heißt daher, Jesus kennenzulernen und eine Beziehung zu ihm aufzubauen und zu pflegen. Es geht nicht darum, besonders fromm zu sein oder besondere fromme Leistungen vorzuweisen, sondern darum, mit Jesus zu leben.
Früher wurde in manchen pietistischen Kreisen behauptet: Gott käme den Menschen 99 Schritte entgegen, um sie gerecht zu machen, aber einen Schritt müsse der Mensch selber machen und sich aus freiem Willen für Gott entscheiden, um zu 100 % zu Gott zu gehören. Merken Sie was? Am Ende wurde da doch wieder eine Leistung von den Menschen verlangt und dem Evangelium von der Gnade Gottes widersprochen. Schließlich wird uns auch der Glaube von Gott geschenkt.
Nein, der Wert meines Lebens hängt nicht davon ab, was ich geleistet habe. Darum sagt Paulus. „Christus lebt in mir.“ Das heißt: Gott sieht mich, er kennt mich, er weiß meinen Namen, er wendet sich aus freien Stücken mir zu. Er sieht meine Falten auf der Haut, die weißen Strähnen im Haar, er sieht mich mit oder ohne Erfolg im Beruf, mit den Hoffnungen und Einbrüchen in meinem Leben. So, wie ich bin, hat Gott bzw. Jesus mich erwählt, mit ihm Gemeinschaft zu haben. Denn Gott hält mich für unendlich wertvoll. Das macht mich unendlich wertvoll.
Und das gilt auch schon für unsere heutigen Täuflinge.
Weil Gott die Mila und die Leni Sophia für wertvoll hält, darum hat er ihnen in der Taufe das Heil versprochen. Er will ihnen auch den Glauben an Jesus schenken und sie in ihrem Leben begleiten.
„Sei getrost und unverzagt!“ hat Gott der Mila versprochen. „Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der Herr, dein Gott ist mit dir in allem, was du tun wirst.“
Was bedeutet das?
Gott möchte der Mila Mut zusprechen: Sei mutig und stark! Hab keine Angst vor dem Leben, auch wenn es mal schwierige Zeiten geben wird. Denn Gott wird bei dir sein und in dem, was du tun wirst. So wie Gott es Josua zugesagt hatte, der das ganze Volk Israel anführen sollte und mit dem Volk in das Land Kanaan ziehen sollte, was sicher keine leichte Aufgabe gewesen war.
Was für leichte und schwere Aufgaben Mila in ihrem Leben meistern muss, das wissen wir heute noch nicht. Aber ich kann ihr im Namen Gottes zusagen, dass Gott sie immer begleiten wird, selbst in den Zeiten, wo wir Menschen subjektiv denken, Gott habe uns verlassen. Auch dann ist Jesus uns Menschen nah und wir können uns im Gebet an ihn wenden und uns unsere Beziehung zu ihm wieder bewusst machen.
Die Leni Sofia hat den Taufspruch aus Psalm 91: „Der Herr hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“
Ich habe es schon erlebt, dass Gott mich besonders beschützt hat in manchen Situationen im Straßenverkehr, sei es mit dem Auto oder mit dem Fahrrad. Daher kann ich der Leni zusichern: Ja, Gott will uns und er will dich beschützen in deinem Leben. Das heißt aber nicht, dass die Leni niemals krank werden wird oder dass sie niemals einen Unfall haben könnte. Aber wenn die Engel sie beschützen, dann gehe ich davon aus, dass sie mindestens Glück im Unglück haben wird, wie man so sagt.
Der Vers bedeutet auch nicht, dass man bei schwierigen Situationen leichtsinnig werden sollte und zu hohe Risiken eingehen dürfte, als ob Gottes Schutz absolute Sicherheit versprechen würde. Denn das wäre eine Versuchung des Teufels, so wie Jesus vom Teufel mit Psalm 91,11 versucht wurde, sich vom Felsen zu stürzen (Matthäus 4,6). Da hatte Jesus geantwortet: „Du sollst den Herrn, deinen Gott nicht versuchen.“
Zurück zum Thema Rechtfertigung aus Glauben allein:
Bei Gott gibt es kein Leistungsprinzip. Der Mensch kommt nicht durch eigene Leistung in den Himmel, hatte ich gesagt.
Das darf man aber nicht missverstehen.
Auf zwei Missverständnisse gehe ich noch etwas ein. Das erste Missverständnis: Manche sagen sich: Darf man jetzt nicht mehr leistungsorientiert denken? Ich sage dazu: Natürlich! In der Welt ist Leistung erstmal okay. Wenn mich Gott mit Gaben und Fähigkeiten ausgestattet hat, dann soll ich sie auch nutzen und entfalten, keine Frage. Ja, ich darf Erfolg haben im Privaten und im Beruflichen haben. Ich darf auf der Karriereleiter aufsteigen. Auch in der Kirche freut sich die Kirchenleitung, wenn die Christen sich mit ihren Gaben einbringen und sich auch in der Kichre engagieren.
Das zweite Missverständnis, was man oft hört: Wenn ihr in der Kirche so bedingungslos von der Liebe Gottes redet, dann hat das doch fatale Konsequenzen auf die Moral in der Bevölkerung. Dann geht’s doch mit der Moral bergab. Jeder kann die Sau raus lassen, weil mich Gott ja eh liebt. und mir vergibt. Jeder kann sündigen wie er will, es kommen ja eh alle in den Himmel.
Da werden das Kreuz und die Gnade Jesu nicht mehr ernst genommen. Da wird die Gnade Gottes zur billigen Gnade wie Dietrich Bonhoeffer es in seinem Nachfolge-Buch formuliert hat. Den Christen in Korinth hat Paulus dazu geschrieben: „Alles ist erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten“ (1 Kor 6,12). Wer Jesus nachfolgen will, der sollte durchaus die zehn Gebote einhalten, auch wenn Jesus es erlaubt hat, ausnahmsweise am Sabbat Menschen zu heilen.
Man sollte daher unterscheiden zwischen der Frage wie ein Mensch in den Himmel kommt, ohne Leistung und ohne eigene Werke und der Frage nach dem Handeln in der Welt, wo die zehn Gebote und das Vorbild von Jesus selber uns zu einem guten Handeln anspornen sollen. Amen
Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere menschliche Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus! Amen.
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